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es Seine Freude, den Willen Seines himmlischen Vaters zu thun; ER war gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze; – ER hat nie gemurrt wider Ihn, sondern so hart ein Gang war, ER ging ihn fröhlich, sprechend: „Deinen Willen, mein Gott, thue ich gern!“ – Ist das nicht Liebe? Wenn ER ein Mensch gewesen wäre, wie ein anderer, so sollte mich Leiden und Sterben nicht wunder nehmen, aber es ist mit dieser armen, verachteten Knechtsgestalt, mit diesem Menschen, welcher einem Wurm gleicht, verbunden Gottes ewiger Sohn und er mit Gottes Sohn! In so geringem Hause prangt Gottes Herrlichkeit inwendig, ohne daß sie auswendig sichtbar wird. Dazu dringt Ihn des Vaters Liebe. Ja, so liebte der Gottmensch den himmlischen Vater, daß ER mit Seiner Liebe ihm treu blieb, auch, nachdem ER von dem Vater verlassen ward. – Gegenwärtig zwar ist JEsu Christi Liebe zu Seinem Vater verborgen, während Ihm seit Seiner Himmelfahrt die Liebe Seines Vaters sich erweist ohne Maß. Am Ende der Tage aber, wenn ER dem Vater das Reich zurückgeben wird, wird es offenbar werden, wie ER den Vater liebt!

 Die Liebe webt hin und her zwischen Vater und Sohn. Der Vater verklärt den Sohn – und der Sohn verklärt den Vater – und der Vater findet in großer Einheit und Einigkeit sich selbst geehrt, wenn der Sohn geehrt wird. Es ist eine immerwährende Harmonie zwischen ihnen – welche alle Engel und alle Heiligen in Bewunderung dahinnimmt, daß sie ausrufen müssen: „Gott ist die Liebe! Ja, Liebe, lauter Liebe ist Gott!“


III.

 Doch nicht allein um der Liebe willen, welche der Vater und der Sohn unter einander haben, ist in unserm Texte geschrieben: „Gott ist die Liebe!“ Sondern der heutige Tag, wo wir an der Krippe des Sohnes, an dem Anfangs- und Ausgangspunkt der erlösenden Liebe JEsu stehen, – predigt uns von der gemeinsamen Liebe des Vaters und des Sohnes zu uns armen Menschenkindern.