Seite:Wilhelm Löhe - Predigten für die festliche Hälfte des Kirchenjahres.pdf/67

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

voll würde, – auf daß ER, der Vater, unser aller Vater, der Sohn unser aller Bruder, wir durch den Sohn, unsern ewigen Bruder, Gottes Söhne und Töchter und unter einander liebreiche Geschwister würden? Warum freuen sich die Engel über der Krippe des HErrn? Etwa darum allein, daß Gottes Sohn Mensch geworden ist? Sind sie nicht die freundlichen Geister, vor welchen Freude ist über einen Sünder, der Buße thut? Singen sie nicht: Friede auf Erden, Wohlgefallen den Menschen – darum, daß nun alle Menschen zum Wohlgefallen Gottes wieder zurückkehren sollen? Nicht darum, daß geboren ist, der den Schlüssel Davids hat und den Himmel aufschließt, daß niemand zuschließen kann? Daß an Weihnachten die Thür des Himmels wieder aufgethan – Gott den Menschen wieder nahe ist – Himmel und Erde wieder eins werden und unter einem Haupte verfaßt, nämlich unter das Haupt dieses edlen Königs in der Krippe, welches Gott ist und Mensch? Ist nicht der Sohn des Vaters Hand, ausgestreckt, alle Verlorenen wieder zurückzuführen? Ist ER nicht des Vaters suchende Liebe? nicht der ewige Hirte, welcher Schafe, – der Sohn, welcher Brüder, Miterben und Genossen der ewigen Freude sucht? – Es soll ein Hirte und eine Herde werden – das ist die Freude an der Krippe, worin der Hirte geboren, bereits geboren ist! Es soll ein Volk werden – darum freuen sich die Engel über den König der Welt in Bethlehem! Es soll ein Gott und Vater werden, darum freuen sich Seine erstgeborenen Söhne!

.

 Ich thue meinen Mund auf, wie ein Hirte, der voll Freuden von der Krippe kam – ich rufe unter euch hinein: Ist kein verlorenes Kind unter euch, keines, welches sich verlor, keines, welches sich schämt vor dem Vater im Himmel und vor dem Heiland in der Krippe? – ist keine arme, mühselige, beladene Sünderseele hier in diesem Gotteshause? Fühlt niemand, nachdem er lange genug herumgeirrt, das Heimweh nach des Vaters Hause? Wo sind die, welche sich bisher mit Freuden der Welt wie mit Träbern genährt haben, wo sind sie, wo weinen, wo seufzen sie über ihr Elend? Wo sind die vom Vater verirrten, vom Hirten