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würde. Gerade in diesem Kampfe soll offenbar werden, daß ER ein treuer Gott ist, der Seinerseits den Taufbund treulich hält, ein Gott, der da hilft, ein HErr HErr, der vom Tode errettet! – Das ist ja auch die Bedeutung der Taufhandlung nach ihrer ursprünglichen Verwaltung. Denn ursprünglich wurden die Täuflinge im Wasser dreimal untergetaucht und tauchten wieder auf. Wenn der Täufling untergetaucht war und das Wasser über ihm zusammenschlug, so war es, als wäre er im Wasser begraben und ersäuft – wenn er wieder auftauchte, glich er einem wieder auferstandenen Toten, der sein Grab durchbricht und neugeboren hervorkommt. So soll täglich der alte Mensch in der Kraft der Taufe durch Buße untergetaucht, ertötet werden, unablässig bis ans Ende soll unsichtbar diese Untertauchung fortgehen, welche sichtbar bei der heiligen Taufe geschah – und dann soll durch tägliche Tötung auch täglich der Mensch erneut werden im Glauben, in Liebe und Heiligung; während der äußerliche Mensch von Tag zu Tage mehr verweset, soll der innere von Tag zu Tage erneut, von Tag zu Tage mehr wahr werden und in der Wahrheit erfahren, was St. Paulus zu den Römern am sechsten schreibt: „Wir sind samt Christo durch die Taufe begraben in den Tod, daß, gleichwie Christus ist von den Toten auferwecket durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.“ Dahin muß es kommen – immer lichter muß unser Wesen emporkommen – immer schöner leuchten! Wie die Sonne täglich ihre Kugel ins Meer hinabläßt und gereinigt und verschönt an jedem Morgen emporsteigt, so sollen wir täglich uns reinigen, stärken und kräftigen, niedersteigend in die Kräfte der Taufe, und täglich neuer, JEsu ähnlicher, mit triumphierenderem Glauben, also auch mit heiligerem Leben emporkommen!


VI.

 Freilich jammert da manches Herz, daß es bisher nicht dran gedacht habe, daß aus der längst geschehenen, gleichsam gestorbenen Taufe Lebenskräfte für späte Tage und Jahre kommen! Daß es auch jetzt, nachdem ihm gepredigt ward,