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Nicht das Kreuz fürchte ich, sondern den Augenblick, da es mir gereicht wird, nicht die Last, sondern den Befehl, sie nun auf meine Schultern zu nehmen. Ich schäme mich vor Dir, daß ich so schwach und zag bin, und daß mein psychisch Fühlen dem inneren Muth und Willen so jämmerlich widerspricht, und bitte Dich flehentlich um die Gnade, ergeben in Christo zu sein für alles, was kommen kann. Laß mich allezeit denken, daß Uebel kommen kann, und mich und die Meinigen Deiner Hand befehlen; nimm mir aber die kindische, thörichte Furcht vor den unbekannten Uebeln allen, die da kommen können oder auch nicht. Laß mich zufrieden sein mit dem, das da ist, und für den andern Morgen nicht sorgen, der für das Seine sorgen mag; „es ist genug, daß ein jeder Tag seine eigene Plage habe.“ Es ist kein Mensch, der nicht neben den guten auch böse Tage hätte: warum sollte ich verschont werden? Auch die bösen sind gut und müssen den Deinen zum Besten dienen: warum sollte ich ihnen ausweichen wollen? Die guten und die bösen Tage vergehen, aber es kommt doch nach allen die Ruhe, die noch vorhanden ist dem Volke Gottes. Wir werden im Glück und Unglück nicht

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Wilhelm Löhe: Raphael. U. E. Sebald’sche Verlagsbuchhandlung, Nürnberg 1862, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Raphael.pdf/119&oldid=- (Version vom 1.10.2017)