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Qualen auch jede einzelne hinreichend schien, eine so schwache Kraft zu brechen, wuchs der Dulderin unter den Qualen der Muth, und so oft sie wiederholte, was sie immer wieder zu sagen pflegte: „Ich bin eine Christin, unter uns wird nichts schändliches begangen,“ sah man sie neugestählt in ihren Leiden und Kämpfen stehen. Der Schmerz verlor durchs Bekenntnis offenbar den Stachel, und es schien, als dränge sie allmählich bis zu einer völligen Unempfindlichkeit der Peinigung hindurch.

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 Nicht mindere Glorie der Leiden umgab den Diakonus Sanctus. Nichts mehr wünschte die heidnische Rotte, als es dahin zu bringen, daß sich der Heilige durch die Hitze der Qualen zu ungeziemenden Worten verleiten ließe. Allein Sanctus hatte auf alle Fragen nur eine Antwort: „Ich bin ein Christ“; weiteres konnte aus ihm nicht herausgebracht werden, nicht einmal seinen Namen oder sein Vaterland nannte er. Sein Leib hatte durch die Foltern schier alle menschliche Gestalt verloren, aber die mächtige Seele in ihm hielt ihn aufrecht, auch da man anfieng alle, insonderheit die empfindlichsten Theile seines Leibes mit glühenden Platten zu belegen. In Folge der Qualen wurde

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/197&oldid=- (Version vom 9.10.2016)