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auch ein jeder sein Vorbild und gutes Beispiel finden, und einem jeden, wer und was er auch sei, ist damit Weg und Pforte zu derselbigen ewigen Ehre und Herrlichkeit gewiesen. So finden wir denn auch unter den gefeierten Namen die heilige Radegundis, eine Dienstmagd. Derselbe Name Radegundis gehört auch einer irdisch hochgestellten Frau, einer Königin, deren man am 13. August gedenkt; aber wie wunderlich, wie gar nicht nach dem Urtheil der Menschen, die hier ihre Zeit leben, geschieht es, daß Radegundis, die Magd, oder Radiana, wie sie genannt wird, keineswegs minder strahlt als die Königin, daß im Gegentheil jedermann, der die Magd am Kirchenhimmel leuchten sieht, herzlich fröhlich sie grüßt und ausruft: Radegundis, die Dienstmagd! – Sie ist nicht ferne von Augsburg, jenseits des Lechflußes geboren und lebte etwa 1290 als Dienstmagd zu Wellenburg. Was war nun an dieser Dienstmagd so preißwürdig, daß man ihren Namen noch nach einem halben Jahrtausend nennt? Sie war mit ihrem niedrigen Stande zufrieden, erkannte ihn für den, der ihr am besten zupaßte und in welchem sie der Knechtsgestalt ihres Erlösers am ähnlichsten werden könnte, sie erkannte ihn für eitel Heiligthum,

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/230&oldid=- (Version vom 9.10.2016)