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schwesterliche und christliche Treue, und folgt dann ihrer glorreichen Spur. Sie ist nicht wie andere Märtyrer, welche nach der Märtyrerkrone jagten; sie bietet sich dem Richter nicht dar, sie flieht ihn; aber da der Beruf an sie kommt, zu leiden, zeigt sichs, daß sie fertig ist und bereit, tüchtig, willig und freudig, ein Opfer Deßen zu werden, der für sie geopfert ist. Sie begräbt die Leiber der Brüder, und wird selbst durch gleichen Liebesdienst begraben; die Genoßin ihrer himmlischen Freuden in der Andacht, Lucina, erweist ihrem Leibe die Freundschaft, die sie den Leibern anderer erwiesen hat. Wenn es darauf ankäme, durch das Begräbnis hingeopferter Christen den Tod zu finden, so würden heutzutage gewis viele auch an Vater und Mutter kein Unrecht zu begehen, sondern nur das rechte Maß eines Christen einzuhalten glauben, wenn sie „die Todten ihre Todten begraben“ (?) ließen und sich das zeitliche Leben erhielten. So aber dachte das Alterthum nicht, sondern wie wir es schon im Büchlein Tobias lesen, so hielt es jedermann für ein gutes, dem HErrn gefälliges Werk, die Leiber der Heiligen zu begraben, und wer dabei sich selbst opferte, hatte das gute Gewißen, in seinem Berufe zu sterben.

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/251&oldid=- (Version vom 9.10.2016)