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war und an den Nerven litt, wurde es ihr wie manch anderer Tochter derselben körperlichen Anlage gegeben, daß ihr inneres Leben desto sehnsüchtiger nach oben gieng, desto offener für Einflüße des göttlichen Geistes wurde, auch daß sie sich zu Gesichten und Visionen mehr als andere neigte. Ihre Offenbarungen sind heute noch zu lesen, ihre Briefe und anderen Werke liegen vor uns, und wenn man nun auch von ihr und ihren Leistungen nicht mit derselbigen Begeisterung sprechen kann, wie ihre Zeitgenoßen, der Abt Bernhard von Clairvaux, Papst Eugenius III. und andere, welche ihr jene Gabe der Weißagung zuschrieben, in welcher die alten Propheten geweißagt haben; so wird man doch schon bei Lesung ihrer Briefe eine so hohe Meinung von ihr und ihren Gaben bekommen, daß man es entschuldigen kann, wenn irgend wer den Zweifel ausspricht, ob sich wohl in unseren Zeiten irgend wo eine Jungfrau von gleich hohen Gaben finden möchte. Man darf nur zum Beispiel diejenigen Briefe lesen, welche der edle Bischof Sailer in seiner 4ten Sammlung der „Briefe aus allen Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung“ übersetzt hat, um so von Hildegard zu denken.

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 Man muß jedoch nicht glauben, daß Hildegard

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/289&oldid=- (Version vom 9.10.2016)