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dem geheiligten Manne hernach in Krankheit dienen und ihm die Augen zudrücken. In dieselbe Periode fielen aber auch ganz andere Erfahrungen. Es gieng ihr geistlich, wie es ihr zuvor leiblich gegangen war; wie sich an ihrem Leibe umsonst alle Aerzte versucht hatten, bis es dem HErrn gefiel, ihr wieder aufzuhelfen; so erlitt sie auch von ihren Seelenräthen Marter genug durch verkehrten Rath, und es dauerte lange, bis sie den reichen Zufluß himmlischer Gnaden, der ihr zu Theil wurde, auf eine gedeihliche Weise annehmen und gebrauchen lernte. Sie hatte ein großes Bedürfnis, sich auf den inneren Wegen leiten zu lassen, wurde geleitet, lernte viel, erfuhr ebensoviel, jede innere Verlaßenheit, jede innere Freude, von der jemals innige Seelen zu berichten wußten, jede Entzückung und Verzückung, viele Gesichte, – so daß die Menschen, wie es zu gehen pflegt, an ihr bald irre wurden, bald das größte Wohlgefallen fanden. Man kann keinen innerlich bewegteren und reicheren Lebenslauf lesen, als den ihrigen. Dabei hatte sie dennoch einen großen Hunger nach dem ewigen Leben, welcher durch viele Leiden, welche sie innerlich und äußerlich zu bestehen hatte, Nahrung empfieng. Für diese Welt

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/332&oldid=- (Version vom 9.10.2016)