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dem ewigen Leben entgegen rang. Hätte sie das gethan, auch wenn sie ein Mädchen von geringem Stande gewesen wäre; so würde dennoch die Beständigkeit ihres Strebens und Verlangens nach dem Ewigen die Bewunderung selbst derjenigen erwecken, welche für ihre eigne Person wie für andere ein Leben der Abtödung und Kasteiung nimmermehr erwählen oder irgendwie begünstigen möchten. Nun aber war Euphrasia aus kaiserlichem Geblüte, und war sie auch von ihrer Mutter Brüsten an wie ein Gotteskind erzogen und von allem weltlichen Wesen ferne gehalten, so lebte sie doch die ersten Jahre ihres Lebens in einer Hoheit und Fülle, welche sich ihr auch für spätere Zeiten tief eingeprägt und ihr die Wahl eines abgeschiedenen Lebens erschwert haben könnte. Sie vertauschte aber mit Bewußtsein den Gipfel alles Glückes mit einem geringen Leben, ohne daß sie jemals von einer Reue oder dem Verlangen nach Umkehr zum Glücke ihrer Jugend scheint angefochten worden zu sein. Ihr Vater hieß Antigonus; von ihrer Mutter führte sie selbst den Namen Euphrasia. Sie war das einzige Kind ihrer Eltern, und ihr Vater starb während der ersten Jahre ihres Lebens. Ihre verwittwete, aber noch jugendliche

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/99&oldid=- (Version vom 9.10.2016)