Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Vorträge über die Worte JEsu Christi vom Kreuze.pdf/66

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und das Ergehen JEsu aller Glaube vergangen wäre, so könnte man sich nicht verwundern; aber die Leiden JEsu, Sein Verhalten am Kreuze, wol auch die von Ihm gesprochenen vorausgegangenen Worte vom Kreuz machen ihm geradezu den Eindruck, daß neben ihm ein unsterblicher König, ja Christus selbst leide und sterbe, und es wird ihm gegeben zu glauben und zu erkennen, daß Er also leiden müße, um in Seine Herrlichkeit einzugehen. Im Geiste der Weißagung spricht Christus, der Gekreuzigte: „Ich bin ein Wurm und kein Mensch,“ denn so fühlt Er sich; zu dem Manne aber, der dies Gefühl in sich trägt, spricht der Schächer nicht etwa auch „Wurm“ oder „Mensch“, sondern „HErr“, und das, wie der Verlauf seiner Worte zeigt, im vollen Sinne der Verehrung, ja Anbetung. „Gedenke an mich, wenn Du in Deinem Reiche kommst,“ spricht er weiter. Er glaubt also, daß dieser Sterbende, der nun geht, wiederkommen werde, und zwar nicht, wie er geht, sondern ganz anders, in der Glorie eines Herrn, in der Majestät eines Königreichs, als der König Christus, der aus dem Grab ersteht und Seinen Feinden durch einen prachtvollen Einzug in diese Welt beweist, daß alle Seine Worte Wahrheit sind, sonderlich die Er von sich gesprochen. An dem Tag Seiner Herrlichkeit, in den Geschäften Seines Reiches, in der Majestät Seiner Begleitung könnte nun der HErr den Schächer vergeßen, der neben Ihm hieng, und das will dieser Schächer nicht, sondern auch dabei sein, und wie er mit Christo am Kreuze hängt, so will er mit Ihm dermaleins triumphieren in Seiner Wiederkunft. Darum spricht er zu Ihm: „Gedenke an mich, HErr, wann Du in Deinem Reiche kommst.“ Was ist das für ein kühner gewaltiger Glaube, was für ein Anhangen