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Matth. 27, 45–49.
45. Und von der sechsten Stunde an ward eine Finsternis über das ganze Land, bis zu der neunten Stunde. 46. Und um die neunte Stunde schrie JEsus laut, und sprach: Eli, Eli, lama asabthani? Das ist: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlaßen? 47. Etliche aber, die da standen, da sie das höreten, sprachen sie: Der rufet dem Elias. 48. Und bald lief einer unter ihnen, nahm einen Schwamm, und füllte ihn mit Essig, und steckte ihn auf ein Rohr und tränkte ihn. 49. Die andern aber sprachen: Halt, laß sehen, ob Elias komme, und ihm helfe.

 Um die sechste Stunde, das ist um die Mittagszeit, verbreitete sich über das heilige Land jene berühmte Finsternis, welche sich aus gewöhnlichen und natürlichen Ursachen, die zuweilen das helle Tageslicht wegnehmen, Dämmerung oder Finsternis verbreiten, nicht erklären läßt. Diese Finsternis gibt Zeugnis von dem innigen Zusammenhang der Natur und ihrer Mitleidenschaft mit Demjenigen, der am Kreuze hängt, Zeugnis überhaupt von dem Zusammenhang des Gnadenreiches mit dem der Natur, von der innigen Vereinigung beider zu Einem großen Reiche, dem wol und weh wird, je nachdem der große König desselben Freude oder Leid empfindet. Schon diese Einheit beider Reiche und ihr Zusammenklang in eines ist ein erhabener Charfreitagsgedanke,