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gesetzt auch, die Amtsperson wäre böse, so sind die Worte der Einsetzung doch kräftig wegen des Amtes, zu welchem der HErr sich noch bekennt; denn in dem Amte liegt das Zeugnis Christi, seine einmal gemachte Einsetzung (Absolution und Sacrament) auf Erden fort und fort durch das dabei gebrauchte Wort verwirklichen und darreichen zu wollen.“ – Es wird überflüßig sein, noch hervorzuheben, daß P. Grabau nicht der sittlichen Beschaffenheit der Person, wohl aber ihrer Bekleidung mit dem Amte irgend eine Rücksicht schenkt.

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 Nun könnte man freilich diese Ansicht Grabau’s, welche übrigens nicht bloß von den älteren Kirchengemeinschaften, sondern auch von Calvin und Beza getheilt wird, ohne Weiteres unter die Irrthümer zählen. Es würde auch gar nicht am Vorgang alter Theologen fehlen. Indes ist doch bei der Sache manches zu bedenken. – Daß die Taufe, von Laien verwaltet, giltig und kräftig sei, liegt allerdings klar vor: der das geistliche Priesterthum hat, kann es auch durch die Taufe mittheilen. Wo Wort und Waßer richtig gebraucht ist, ist auch die Taufe richtig. Allein ob man die Taufe, welche Juden oder Heiden verrichten würden, auch, für giltig erkennen würde, wenn sie nur Wort und Sacrament richtig brauchten? Ob nicht der Mangel am Besitz des geistlichen Priesterthums Zweifel an der Giltigkeit und Kraft der Handlung erwecken würde? Ob also das pure Wort und Waßer hinreicht, die Gewisheit der durch die Taufe geschehenen Wiedergeburt zu verschaffen? Ob also nicht doch einige Rücksicht auf die geistliche Befähigung des Täufers durch das geistliche Priesterthum genommen wird?[1] – Aehnlich ists beim Sacrament des Altars. Man hat die Frage aufgeworfen, ob dieß Sacrament, wenn es von solchen gehandelt und gebraucht wird, die im Punkte des Sacraments oder der von ihm berührten Hauptlehren von der Kirche abweichen, auch wirklich Sacrament sei, bloß weil Wort und Element richtig gebraucht werde? Und bekanntlich gab und gibt es hier innerhalb der lutherischen Kirche eine doppelte Antwort, welche nicht zu vereinigen ist. Während die einen die Objectivität des Sacramentes darein setzen, daß unter allen Umständen, wenn nur Wort und Element richtig gebraucht werden, das Wort Christi ein volles Sacrament wirke; – haben andere und unter ihnen Luther selbst, die Antwort dahin gegeben, daß kein Sacrament bei denen sei, die in der Lehre namentlich vom heiligen Abendmahl irren. Also wird doch auch hier von vielen der treuesten Lehrer eine Rücksicht auf die


  1. Etwas anderes, wenn Ein Mal in langen Zeiten eine Taufe vorkommt, die ein selbst ungetaufter Mensch vollzog, und wenn solche Fälle oft vorkommen würden. Wäre das Letztere, so würde man sich wahrscheinlich besinnen, die objective Antwort zu geben, die wir im Opus novum quaestionum practico-theologicarum (Francos., 1677.) p. 329. qu. X. aus Gerhards Munde finden. Wenn ibid. qu. XII. die Ketzertaufe in dem Fall für ungiltig erachtet wird, daß die ketzerische Lehre das Wesentliche der Taufe aufhebt und das Geheimnis der Dreieinigkeit anficht; so ist nicht zu begreifen, wie ein Ungetaufter, also ein Jude oder Heide giltig taufen könne. – Oder soll den gläubig gewordenen, aber noch ungetauften Juden oder Heiden zu Gunsten für einen kaum vorkommenden Fall eine Ausnahme gestattet werden? – Auch hier ist Unklarheit.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/125&oldid=- (Version vom 1.8.2018)