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 Der ganze americanische Streit, so weit er bis jetzt gediehen ist, ist öffentlich zu jedermanns Einsicht in folgender Schrift vorgelegt[1]:

„Der Hirtenbrief des Herrn Pastors Grabau zu Buffalo vom Jahre 1840. Nebst den zwischen ihm und mehreren lutherischen Pastoren von Missouri gewechselten Schriften. Der Oeffenlichkeit übergeben als eine Protestation gegen Geltendmachung hierarchischer Grundsätze innerhalb der lutherischen Kirche. New-York. Gedruckt bei H. Ludwig u. Co., 70, Vesey-Strasse. 1849.“

 Herausgegeben ist die Schrift von dem leider im Sommer 1849 am Nervenfieber verstorbenen trefflichen P. Löber in Altenburg, Mō. In dem bereits im Oktober 1848 geschriebenen Vorwort bezeichnet P. Löber p. 6, die Streitpunkte, um welche sich die ganze Actensammlung – denn das ist die Schrift – dreht. „Jene Lehrartikel, sagt er, von welchen in diesem Büchlein vornemlich gehandelt wird, sind insonderheit der Artikel von dem rechten Verhältnis des Predigtamts zur Gemeinde, von der Berufung zu diesem Amte, von der Ordination, von dem geistlichen Priesterthum aller wahren Christen, von der geistlichen Freiheit derselben, vom Gebrauch guter Kirchenordnungen etc. etc.

 An der Spitze der Actensammlung steht p. 11. ff. der „Hirtenbrief an alle Brüder und Glieder der evangelisch-lutherischen Kirche in Buffalo, New-York, Milwaukie, Eden und Kl. Hamburg, Albany, Portage, Canada.“ Die Veranlaßung zu diesem Hirtenbriefe ist nach einem Schreiben des Herrn P. Grabau vom 12. Juli 49 folgende: „Im Jahre 1840 fragten die Gemeinden in Milwaukie und Freistadt (Wisc.) bei Herrn P. Grabau (dem damals mit ihnen ausgewanderten Prediger) an, ob nicht nach Inhalt der Breslauer Synodalbeschlüße von 1836 einige ihrer Kirchenvorsteher ordinirt werden möchten, die Sakramente in Mangel eines Predigers zu verwalten; sie hätten bereits den Bruder N. N. erwählt und bäten um seine Bestätigung, daß er, ohne Prediger zu sein, nur als Kirchenvorsteher eine Ordination empfinge, zu taufen, zu trauen und das heilige Abendmahl zu verwalten. Auch kamen ähnliche Anfragen wegen des Nothstandes von andern Theilen der mit P. Grabau ausgewanderten Gemeine. Hierauf schrieb er den Hirtenbrief als Antwort. Er suchte die erbetene Belehrung zu geben und zu zeigen, wie eine christliche Gemeinde in solchem Nothfall und unter den obwaltenden Umständen sich zu verhalten habe, um mit der rechtgläubigen Kirche in Gemeinschaft zu bleiben, schädliche Neuerungen zu meiden und im Gebet zu harren, bis Gott das rechte Predigtamt, das er in seiner Ordnung aufzurichten gebeten wurde, unter ihnen geben würde.“ – Hiebei legte nun P. Grabau seine Ueberzeugung in Betreff der oben mit P. Löbers Worten bezeichneten Punkte vor. „Die Gemeinden, sagt er, wurden dadurch gestärkt und getröstet


  1. Ich würde mir nicht erlaubt haben, diesen Aufsatz zu schreiben, wenn nicht durch die eben angezeigte Schrift die Sache ohnehin in die Oeffentlichkeit herausgetreten wäre.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/98&oldid=- (Version vom 1.8.2018)