Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/102

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gnädigen Zeit der Erweckung, welche Gott unserm Vaterlande gab, wieder auferstanden – gieng stracks auf Jesum Christum, den Sohn Gottes und Marien. Sein Leben, sein Sterben, seine Auferstehung, seine Auffahrt, sein Leben in der Ewigkeit, seine Macht und Herrlichkeit – waren ihr lebenslänglich Gegenstände der tiefsten Verehrung und immerwährender Betrachtung. Wie ihre Eltern ihr, so ist sie ihren Kindern mit dem gesegneten Beispiel der Anbetung vorausgegangen und hat an den Namen des HErrn nicht blos geglaubt, sondern ihn auch bei jeder Gelegenheit bekannt und ihre Kinder in allen Füllen, wenn sie in Not, Krankheit und Sterben kamen, mit gesegnetem und holdseligem Munde vermahnt, im Glauben auszuharren und das Vertrauen nicht wegzuwerfen, welches eine große Belohnung hat. Ihre Zunge war gelähmt in ihrer letzten Krankheit, sie konnte nicht reden: ihr Glaube wurde durch heiße Anfechtung geprüft; aber es war in dieser heißen schweren Zeit, daß sie mein Ohr zu ihrem Munde zog und ich vernehmlich hörte: „Gelobt sei Jesus Christus.“ Ich aber sagte: „Wie groß und herrlich ist der Name dieses Menschensohnes von Bethlehem, daß die verstummten Lippen und ein sterbend Herz ihn preisen! Sie konnte nicht reden, aber ihr schönes, sprechendes Auge predigte vom Namen des HErrn. Als man am letzten Sonntage zum Gottesdienst läutete, da erinnerte sie sich an die gesunden Tage, wo sie wallen gieng zum Hause des HErrn, ihr Herz wurde weit, Verklärung lag auf dem mit Thränen bethauten Antlitz, mit einer mir unvergeßlichen Miene, mit Blicken, die mehr als tausend Reden redeten, entließ sie mich, der ich hart von ihrem Lager gieng. „Ich bleibe im Geiste bei Ihnen,“ sagte ich; „Sie gehen im Geiste mit mir; der HErr Jesus ist bei uns Beiden, – ich will auch in Ihrem Namen das Gloria anstimmen.“ Da war sie vergnügt. – Eben so vermahnte sie durch unaussprechliche

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)