Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/13

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dem Verse: „Christus wischet ab euch alle Thränen“. Da fiel auch er mit seiner kräftigen Stimme ein und betonte, wie er so oft that, singend, was er besonders hervorgehoben wollte: „Habt das schon wornach wir uns erst sehnen“. Layriz, dessen feingebildetes Ohr für jeden musikalischen Miston empfindlich war, konnte sich hiebei eines Lächelns nicht erwehren. Löhe bemerkte es und sagte: „Layriz muß eben lachen, wenn ich singe“. „Und du singst doch schön, Wilhelm!“ rief die Pfarrfrau, indem sie ihres Mannes Hand küßte, worauf Löhe lächelnd erwiderte: „Layriz hört mich am liebsten, wenn ich nicht singe, aber warte nur, Layriz, im Himmel treffe ich die Töne schon.“

 Daß jedoch die Verehrung, mit welcher Löhe’s Weib zu ihrem Manne empor blickte, nicht in eine Menschenvergötterung ausartete, wird nicht erst gesagt werden müssen. Wäre es nöthig, sie gegen diesen Verdacht in Schutz zu nehmen, so dürfte wohl die Mittheilung folgender Stellen aus ihrem bräutlichen Briefwechsel mit ihrem Verlobten genügen.

 „O mein Wilhelm“ – schreibt sie da einmal – „ich habe mir noch nie gedacht, daß Du ein Heiliger seist, ich denke dies von keinem Menschen; ich weiß, daß Du ein begnadigter Sünder, und Du weißt, daß ich eine begnadigte Sünderin bin etc.

 „Ich werde Dir immer dankbar sein, lieber Wilhelm, wenn Dir an mir etwas nicht gefällt und Du mich bei mir selbst verklagst. Deiner Helene wird aber dies schwer werden, nämlich ein Gleiches gegen Dich zu thun; darum bete, lieber Wilhelm, daß, so es noth thun sollte, daß Dein schwaches Weib dann aufrichtig gegen Dich ist. Der HErr wird mir schon helfen!“

 In ihrem häuslichen Beruf bewies Helene Löhe große Tüchtigkeit. Es war für sie, die an städtisches Leben gewöhnte Tochter eines angesehenen Hauses, keine leichte Aufgabe sich in den Beruf einer Landpfarrerin zu schicken. Es galt sich in ganz

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)