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neue und, im Vergleich mit ihrer früheren Lage, geringere Verhältnisse einzuleben. Welch ein Abstand allein zwischen der vornehmen Wohnung in Frankfurt und der damals noch recht unansehnlichen „Pfarrhütte“.

 Das Pfarrhaus von Dettelsau, dessen Abbildung unsere Leser auf dem Titelbilde finden, hat erst nach und nach durch mannigfachen, von Löhe zum Theil selbst bestrittenen Aus- und Umbau das stattlichere Ansehen und die vortheilhaftere Einrichtung bekommen, die seine Räume Besuchern und Gästen späterhin so wohnlich erscheinen ließ. Damals muß es ein recht unscheinbares Aussehen gehabt haben. Löhe schreibt oft scherzend an Verwandte, deren Besuch man erwartete: er wette, sie würden unter den Bauernhäusern des Orts das Pfarrhaus nicht herausfinden, und erzählt, wie oft vornehme Fremde, die zu Besuch kamen, seine Räumlichkeiten mit mitleidvollem Grauen betrachteten. Freilich zog mit dem Löhe’schen Ehepaar auch Ordnung, Sauberkeit und Nettigkeit in die arme Hütte ein, und wer überdies das Glück und den Frieden des im Innern sich entfaltenden Familienlebens sah, nahm wohl den Eindruck mit sich, daß hier eine Stätte sei, wo sich’s gut wohnen lasse.

 Das also war der Bereich des hausfräulichen Waltens von Helene Löhe. Mit Lust und Eifer und mit Geschick nahm sie sich ihres Haushalts an. In der Küche, bei der Wäsche, in der Bügelstube, im Garten, überall legte sie fröhlich und unverdrossen Hand an. Wo die eigene Erfahrung nicht ausreichte, schämte sie sich nicht, von andern zu lernen. „Von einer alten Landfrau lernte sie am Rad spinnen, von einer Pfarrersfrau das Spinnen an der Spindel. Ein Bäcker lehrte sie Seifensieden. Von den Bauernfrauen lernte sie Brot backen. Von Jedem lernte sie was sie von ihm lernen konnte. Eine Schülerin aller, kam sie schnell empor. Still hin that sie ihre Arbeit – alles ordnete

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)