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Winterszeit bei Fackelschein angetreten. Helene Löhe fehlte nicht leicht bei solchen Gängen trotz des tiefen Schnees, der oft zur Winterszeit die Wege fast unpassierbar machte oder zur Zeit des eintretenden Thauwetters die niedriger gelegenen Partien des Thälchens förmlich unter Wasser setzte. Ihr fröhlicher Humor half ihr über solche Strapazen leicht hinweg.

 Am Tisch des HErrn war sie ein fleißiger Gast. Mit Ernst und Sammlung ihrer Seele bereitete sie sich auf jede Abendmahlsfeier vor. Leicht wurde ihr es, sich vor ihrem Manne in der Beichte zu offenbaren. Mühelos und ohne Heuchelei gelang es ihr, aus der Stellung der Ehefrau sich in die Lage eines Beichtkindes zu versetzen, Einfalt lehrte sie den ungezwungenen Uebergang von dem traulichen „Du“, der Anrede des täglichen Lebens, zu dem magdlichen „Herr Pfarrer“ und zu der ehrerbietigen Anrede: Würdiger, lieber Herr, Ihr wollet meine Beichte hören etc.

 In die Dinge, die vor das Forum ihres Mannes gehörten, begehrte sie sich nicht zu mengen, aber soweit es ihr geziemte, war sie eine fröhliche Gehilfin ihres Mannes auch in seinem Beruf. Gerne begleitete sie ihn an Krankenbetten, und während er mit dem Wort des Lebens die Seelen speiste, erquickte sie die Kranken mit leiblicher Wohlthat. Sie sammelte an verschiedenen Abenden der Woche, einmal die Knaben, das andre Mal die Mädchen zu einer Singschule um sich, in deren Leitung sie viel Talent und Geschick bewies. Einer ihrer damaligen Singschüler schreibt uns: „Wer die schöne Stimme dieser Vorsängerin einmal gehört hatte, dem blieb sie in der Erinnerung, und heute noch sind gesangliebende Menschen, die sie damals hörten, von dieser Stimme entzückt. Es waren nicht nur die schönen, uns zum Theil fremdartigen Melodien zusammt den herrlichen Liedertexten aus Raumers Gesangbuch; es war vor allem die brennende

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)