Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/372

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 Die bayerische Landeskirche – führte er hier näher aus – ist nicht lutherisch, weder dem Rechte nach, noch der Praxis nach. Nicht dem Rechte nach, denn sie darf den Namen „lutherisch“ nicht führen, und sie ist – nach der Verfassung – eine Komplexion zweier Konfessionen und einer konfessionslosen Union zu Einem kirchlichen Organismus. Aber auch nicht der Praxis nach, wie sich das am frappantesten an der thatsächlich zwischen Lutheranern, Reformierten und Unierten bestehenden Abendmahlsgemeinschaft zeigt. Darum können Lutheraner ohne Sünde nicht in dieser Kirche bleiben, schon aus Gründen einfacher Ehrlichkeit nicht und weil sie dadurch aufhören würden Lutheraner zu sein und der lutherischen Kirche dreier Jahrhunderte ins Angesicht schlagen würden. „Wir schelten auf diese Weise die Treue der Reformatoren, den Reformierten gegenüber erzeigt, und unser Patron wird Philipp von Hessen, unsre Fahne die Klugheit, nicht die Wahrheit. Wir widersprechen aber nicht nur der lutherischen Kirche, wie sie drei Jahrhunderte hindurch gewesen, sondern wir widersprechen auch der heiligen Schrift, denn wir dulden Sauerteig und nicht bloß wenig, wir hüten weder uns noch die Herde vor falschen Propheten, wir meiden oft ermahnte ketzerische Menschen nicht, wir machen uns teilhaftig fremder Sünden, wir trennen das „Ein Glaube“ von „Ein Leib“ (Eph. 4), wir machen die Kirche zu einer discordia statt zu einer communio etc. etc. Hiemit sündigen wir wider Gott und Sein Wort, aber auch wider die rechtgläubigen Gemeinden hin und her, welche Wahrheit und rechte Liebe dem Heuchelschein einer nicht mehr lutherischen Kirche vorzogen; wider unsere Gemeinden, die so alle Wahrheit gleichgiltig achten lernen; wider die Gegner, die durch unser Reden nicht zur Einsicht kommen, so lange unser Bleiben beweist, daß wir selbst nicht innerlich halten, was unser Wort bezeugt; wider unsere Seligkeit, denn wir verleugnen die Wahrheit, Christum, die Kirche, die Liebe etc.

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 366. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/372&oldid=- (Version vom 1.8.2018)