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der Suspension bereits über seinem Haupt schwebte. Er erfuhr von der drohenden Gefahr erst, als sie vorüber gegangen war. Am 27. Juli 1852 schrieb er an v. Maltzan.

 „Bei uns gehts wunderlich. Sie wissen, daß der Oberkonsistorialpräsident v. Arnold, ein rationalistischer Jurist, auf unsere Suspension angetragen hatte, mit ihm das ganze Kollegium, ausgenommen Böckh, welchem er das Referat, weil er zu günstig für unsre Ansichten dachte, abgenommen hatte. Das Ministerium und König Max forderten ein Separatvotum... Es war in den höchsten Regionen, höre ich, lebendiges pro und contra. Auch die Königin neigte sich, wenn ich recht berichtet bin, auf die rechte Seite. Beide haben sich mit bewundernswerter Einfalt für die Wahrheit ausgesprochen. Harleß, von dem ich weiß, daß er schon um Neujahr an den König geschrieben, mag auch seinen Anteil haben – und seine Berufung wäre die Frucht der Wendung. Es ist nun ganz still von oben her. Der König selbst verwies uns auf Harleß. Auf den sehen unsre Augen; noch glauben wir aber kaum, daß er kommt. Wir spielen ein hohes Spiel, da wir – oder wenn wir – alles von zwei Augen hoffen, um nicht zu sagen „auf zwei Augen setzen“. Wir trauen, auch wenn Harleß kommt, nicht; ich wenigstens halte mich still und harre auf Den, der selten von menschlichen Höhen her Hilfe sendete, der uns allzusehr schonte, wenn Er unsre kleine Arbeit so reichlich segnete. – Nun weht freilich allenthalben lutherischer Wind. Die Bauern in der Gegend meinten schon, der König sei nun lutherisch geworden. – Diese meine Reden gefallen Ihnen vielleicht, theurer Freund. Auch mir war alles, namentlich eine Relation aus einem Gespräche unsrer Königin mit der Prinzessin Eduard von Altenburg sehr erquicklich. Bald spürte ich aber, daß unsre Augen wachen und nicht schlafen müssen.“




Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/418&oldid=- (Version vom 1.8.2018)