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nie geübt; die abstumpfende Macht ihrer Amtsgewohnheit läßt sie nicht dahin kommen, daß sie die Not eines bedrängten Gewissens fassen. Die armen Leute, unsere Gesinnungsgenossen begehren gar nicht, ihre Pfarrer anzuklagen oder auf Ausschließung der oder jener Persönlichkeit zu dringen.... Sie wollen einfach –

Ruhe für ihre Seelen. –

 Hier sollte man helfen. „Da hie und da Glieder der Gemeinden durch die neuen Ereignisse in Gewissensnot wegen der Abendmahlsgemeinschaft gekommen sind, so soll deren Gewissen geehrt und ihnen die Auflösung des bisherigen Beichtverbandes nicht erschwert, sondern nach abgegebener Erklärung ihnen das nötige Zeugnis gegeben werden, sich an den oder jenen Pfarrer im Lande anzuschließen.“

 Ungefähr so sollte man rescribieren. Das gienge dann vice versa. Wenn unter christlich entschiedenen Pfarrern Rationalisten etc. sind, so könnten sie gleicherweise Pfarrer ihres gleichen suchen. Die suchen und finden sie auch so wie es jetzt ist.... Ich verhehle mir gar nicht, daß auf diesem Wege das Beichtverhältnis gelockert würde. Aber was thuts? Das Parochialverhältnis bleibt damit in Ordnung. Das Beichtverhältnis ist z. B. in Nürnberg längst vom Parochialverhältnis abgelöst ohne allen Schaden. Warum soll das nicht anderwärts auch sein können, und warum soll das Beichtverhältnis, das wie das Vertrauen wechseln kann und seiner Natur nach wandelbar ist, widernatürlich in die Stagnation der übrigen Verhältnisse hineingebannt werden? Bei Stetigkeit die Möglichkeit der Bewegung: sonst erstirbt alles. Die römische Kirche hat einen Kampf der Stetigkeit und Freiheit gehabt (Verhältnis der Mönche und ihrer Seelsorge zu den Pfarrern). Unserer Kirche wird es nur förderlich sein, wenn sie ohne Kampf ein ihr notwendiges ähnliches Verhältnis erlangte. Es muß innerhalb der

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/454&oldid=- (Version vom 1.8.2018)