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konnten, daß man (bezeichnend genug) die cura animarum den Mönchen freigab, die jura parochi aber in bezug auf die Geldbezüge reservierte. Was noch davon besteht, besteht wenigstens im größten Teil von Deutschland jetzt anders als früher. Was Wallfahrten und Missionen mit sich bringen, gehört nicht hierher. Die Exemptionen einzelner Mönchsorden haben fast überall der Verwaltung bestimmter Parochien oder gelegentlicher Aushülfe durch Ordensgeistliche Platz gemacht. Aber auch wo jene Exemptionen stattfanden oder noch stattfinden mögen, war eben die Vorbedingung die, daß neben der Parochialgeistlichkeit ein Ordensklerus bestand. Wo kein solcher besteht, fällt alle ratio sufficiens weg. Denn der oberste Grundsatz war und blieb der Cyprians: Singulis pastoribus portio gregis adscripta est, quam regat unus quisque et gubernet, rationem sui actus Deo redditurus.

 Nach diesem Grundsatz kann wenigstens kein Pastor dazu kommen, von sich aus, wenn er nicht ἀλλοτριοεπίσκοπος ist, nach einer cura alienarum ovicularum zu begehren, oder die Verantwortlichkeit für einen Teil der ihm Anvertrauten damit los zu werden, daß er andern Hirten diesen Teil zugewiesen wünscht. Daß übrigens in diesem Punkte die Praxis unserer Kirche von je strenger war, als die der spätern römischen, halte ich für einen besondern Vorzug. Wer die Art kennt, wie man dort das Beichten abmacht, wer, wie ich, von Katholiken selbst gehört hat, das Beichten falle ihm nicht schwer; er gehe zu einem Geistlichen, der ihn nicht weiter kenne, und hole eben seinen Beichtzettel, der wird mir recht geben.

 Welchen haltbaren Vorgang haben wir also für die gewünschte „Beweglichkeit“? Unsere Väter hielten den Grundsatz Cyprians, den Satz jenes Karthaginiensischen Konzils, dem Augustin beiwohnte, und der da lautet: A nullo episcopo usurpentur plebes alienae, nec aliquis episcopus supergrediatur in dioecesi suum collegam, strengstens aufrecht. Was Luther zum 82. Psalm, was

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/462&oldid=- (Version vom 1.8.2018)