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letztere für den allein schuldigen Teil erklärt, beiden Teilen aber die Wiederverheiratung gestattet wurde. Auf Grund dieses Scheidungserkenntnisses begehrte der Mann, der bei noch währendem Prozeß, also auch bei noch bestehender Ehe mit einer Dirne zwei Kinder erzeugt hatte, die Wiedertrauung, jedoch nicht mit der ebengenannten, sondern mit einer dritten Frauensperson und zwar lediglich aus dem offen eingestandenen Grunde, weil die erstere nichts besaß, die letztere aber ihm ein Vermögen von etwa 250 fl. zubrachte.

 Löhe sagte ihm die Proklamation ohne weiteres zu: erklärte ihm aber auch gleichzeitig, daß er nach seinen der Gemeinde längst bekannten Grundsätzen in betreff der Wiederverehelichung Geschiedener ihn nicht würde trauen können. Zwar stehe ihm deshalb zum mindesten die Suspension in Aussicht, allein da es jedenfalls das beste sei, wenn die Sache möglichst schnell zum Abschluß komme, so wolle er sofort den nötigen Bericht an die kirchlichen Behörden erstatten. Dies geschah denn auch in einem ausführlichen Schreiben Löhes an das Dekanat vom 8. März 1860. In diesem Bericht erklärte sich Löhe nach den nötigen Vorbemerkungen über die Antecedentien des B. folgendermaßen:


 „Nach den weltlichen Gesetzen kann sich B. wieder verheiraten; ich meinerseits hielte es auch für besser, daß er wieder heirate, da er ohnehin während der langen Zeit der Ehescheidungsklage mit einer dritten Weibsperson zwei außereheliche Kinder erzeugt hat; allein diese neue Ehe im Namen des Dreieinigen einzusegnen, die Trauung zu vollziehen, vermag der Unterzeichnete nicht und zwar aus folgenden Gründen:

 1. Eine Scheidung wegen böslicher Verlassung kann ein Diener Christi nur in dem vom Apostel selber 1 Kor. 7 bezeichneten Falle anerkennen, d. h. in einem Falle, welcher mit dem des B. nicht die mindeste Ähnlichkeit hat. Der Unterzeichnete weiß wohl, was man von juristischer Seite für den Scheidungsgrund wegen böslicher Verlassung gesagt hat, und gesteht gerne zu, daß es Fälle geben kann, in denen man wünschen möchte, mit der juristischen Anschauung sich zufrieden geben zu können, allein es ist eine andere Frage, was man von dem pur menschlichen, und was man von dem christlichen und kirchlichen Standpunkt

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 486. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/492&oldid=- (Version vom 1.8.2018)