Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/508

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

verewigten Oberkonsistorialrat Ranke nicht vorenthalten werden, daß es sein warmes, väterlich gesinntes Herz war, was ihn in jener Zeit zu einer persönlichen Besprechung nach Neuendettelsau zog. Es war an einem Samstag Abend, als Ranke in Neuendettelsau eintraf. Löhe hielt eben den Hausgottesdienst im Diakonissenbetsaal. Am Schluß sprach Löhe, der meines Wissens Rankes Eintreten nicht gewahr geworden war, ein brünstiges Gebet, daß Gott sich des geistlichen Notstandes der Gemeinde erbarmen möge. „Wir haben morgen geistlich Fasttag, die Brotkörbe, aus denen Du Deine armen Schafe hier speisest, sind klein, sieh unsre Not an und wende sie in Gnaden etc.“, so ungefähr betete Löhe. Ranke rannen bei diesen Worten die hellen Thränen über die Wangen. –

 Der Notstand der Gemeinde sollte indes nicht so bald gehoben werden. Dekan Müller hatte zwar bei Beginn des Konflikts Löhes mit dem Kirchenregiment die Vermutung ausgesprochen, daß die Suspension nicht länger als einen Tag währen werde. Auch der vom Kirchenregiment aufgestellte Verweser glaubte nicht anders, als daß seine Funktionen sich auf die Ausstellung des Dimissoriale beschränken würden, da das Kirchenregiment mit Rücksicht „auf den weitverzweigten Widerwillen der Neuendettelsauer Gemeinde gegen die Vornahme der Trauung B.s in ihrer Pfarrkirche“ bereits verfügt hatte, daß dieselbe auswärts an dem Pfarrorte der Braut vollzogen werden sollte. Der dortige Pfarrer hatte sich entsprechend der Erwartung des Kirchenregiments „daß er im Gehorsam gegen den Auftrag seiner obersten Kirchenstelle der schweren Aufgabe willig sich unterziehen und gegen etwaige Zweifel darin die nötige Stärkung finden werde, daß er die Vornahme der fraglichen Handlung nicht nach eigenem Ermessen an sich genommen habe“ zur Vollziehung der Trauung B.s bereit erklärt.

 Allein es kam anders als man erwartete. B., stolz auf

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 502. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/508&oldid=- (Version vom 1.8.2018)