Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/516

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große Zuversicht, mit welcher Pfarrer Löhe in diesem ganzen Passus seiner Eingabe seine jeweilige persönliche Ansicht und Überzeugung für vorgekommene und etwa noch vorkommende Fälle als die allein berechtigte und maßgebende erklärt ohne dem Gedanken Raum zu geben, ob er nicht auch irren könne, will man hinwegsehen, da die ganze Vorlage sichtlich in einer Stimmung geschrieben ist, durch welche ihm die richtige Beurteilung der Sachlage erschwert wird, und glaubt nur das eine nochmals betonen zu sollen, daß es ebenso Pflicht der kirchlichen Behörden ist, für die Einhaltung der bestehenden kirchlichen Ordnungen überall einzutreten, als Pfarrer Löhe, wo er sich innerhalb derselben bewegt, sich jeder Förderung und Unterstützung derselben versichert halten kann.

 Auf die am Schlusse gestellte Frage aber, ob ein Mann, wie er, innerhalb der Landeskirche ferner wie bisher, bei ganz unveränderten Überzeugungen amtieren könne, muß die unterfertigte Stelle die Antwort lediglich ihm selbst anheimgeben, da ihr weder der Umfang dieser Überzeugungen, von welchen Pfarrer Löhe spricht, bekannt ist, noch sie zu der allgemeinen Annahme sich für berechtigt hält, er habe bisher im Widerspruch mit den bei seinem Amtsantritte übernommenen und beschworenen Pflichten sich befunden. Sie muß daher so wohl die Entscheidung auf diese Frage, als die Verantwortung für die möglicher Weise aus seiner Entscheidung hervorgehenden Folgen ihm allein überlassen, und kann nur den Wunsch aussprechen, daß Pfarrer Löhe keine Übereilung begehen und den Versuch ausgeben möchte, für Schritte, deren Rechtfertigung ihm sonst schwer werden dürfte, eine Deckung in unbegründeten Annahmen und Voraussetzungen auf Seite seiner Vorgesetzten zu suchen.

 Indem vorstehende hohe Entschließung dem kgl. Dekanat bekannt gegeben wird, erhält dasselbe den Auftrag, den Inhalt derselben nach seinem ganzen Umfange dem Pfarrer Löhe zu eröffnen, und zugleich denselben aufzufordern, binnen acht Tagen zu erklären, ob er sein Amt wieder anzutreten bereit sei, wobei man nicht unterlassen kann, die Erwartung auszusprechen, daß Pfarrer Löhe den väterlichen Belehrungen und wohlgemeinten Ratschlägen seiner kirchlichen Obern Gehör geben und auf die ihm gegebenen Erklärungen in sein Amt zurücktreten werde.


 Allerdings war hier Löhe, wie sich erwarten ließ, die Antwort auf die von ihm erhobene Gewissensfrage anheimgegeben; doch konnte er – wie er das in einer erneuten Eingabe an das Kirchenregiment erklärte – dem letzten Reskript der Kirchenbehörde wenigstens

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 510. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/516&oldid=- (Version vom 1.8.2018)