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gebe denen, die Sicherheit verlangten, auch nicht die nötige Beruhigung, da dem rein lutherischen Charakter einer landeskirchlichen Gemeinde durch jeden Pfarrerswechsel Gefährdung drohe, und könne nur von solchen Leuten befolgt werden, die die Mittel und auch Unabhängigkeit der Seele genug besäßen, um es mit der irdischen Heimat leicht zu nehmen und sich nötigenfalls auf ein geistliches Nomadenleben einzurichten. Der dritte Rat, das Sakrament an einem rein lutherischen Altar einer auswärtigen Gemeinde zu suchen, sei allewege der beste für die, welche ihn befolgen könnten. Wie aber, wenn sich denselben unüberwindliche Hindernisse in den Weg stellten z. B. Krankheit, Alter, zu große Entfernung etc. wie dann?

 Für diese Fälle giebt Löhe den Rat, den er selbst einen „elenden“ nennt. Er rät nämlich lutherischen Christen in solchem Fall ihrem Seelsorger unter einem in Gegenwart von Zeugen erhobenen Protest gegen seine unlutherische abendmahlsmengerische Praxis zu erklären, daß sie durch den von ihnen nicht verschuldeten und auch nicht zu hebenden Notstand sich nicht länger abhalten lassen wollten, die Stillung ihres anderweitig nicht zu befriedigenden sakramentlichen Bedürfnisses an seinem Altar zu suchen. Diesen Rat hätte Löhe nicht geben können, wenn er nicht von der Überzeugung ausgegangen wäre, daß der Sakramentsgenuß in erster Linie Communio mit Christo, Empfang des sakramentlichen Heilsgutes, und erst in zweiter Linie Bekenntnisakt, nota professionis sei, und daß jener Protest als ein, wenn auch armseliges Surrogat des von rechtswegen allerdings vom Sakramentsgenuß unzertrennlichen Bekenntnisaktes gelten könne.

 Löhe gesteht übrigens, daß er nicht wisse, ob er gegebenen Falls seinen eigenen Rat befolgen oder nicht lieber durchbrechen würde, um zu kirchlich und konfessionell gereinigten Verhältnissen zu gelangen; er erklärt, daß sein Rat nichts sei als ein Werk der

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 521. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/527&oldid=- (Version vom 1.8.2018)