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Not, für große Not gegeben. „Ich würde – sagt er – auch gar nicht versucht haben, den Rat zu geben, wenn ich nicht die große Schwachheit unsrer Brüder und jene schreckliche Reue des Guten fürchtete, die unsre armen Leute anfechten und möglicherweise verderben kann, wenn sie auf Zureden oder durch Auktorität einen Weg betreten, für welchen sie die nötige Zuversicht und den nötigen Drang der Überzeugung nicht haben. Wer über sein Maß hinaushandelt, dem kann die allerbeste Handlung zur Sünde und Last werden. Was nicht aus dem Glauben kommt das ist Sünde. – Am Ende besagt mein Rat weiter nichts, als daß ich den nicht tadeln oder schelten wollte, der ihn in rechter Weise und so ausführte, daß er nicht Ärgernis gäbe, sondern helles und klares Zeugnis.“

 Im Einklang mit diesem Rat befolgte Löhe bei der Zulassung von Abendmahlsgästen aus andern Landeskirchen die Praxis, daß er bei Gliedern solcher Landeskirchen, in welchen die lutherischen Bekenntnisse noch rechtsbeständig waren, keinen Anstand nahm, sie zu seinem Altar zuzulassen; bei sogenannten „Lutheranern in der Union“ aber erst ein schriftlich vor Zeugen abgegebenes Versprechen forderte, in Zukunft alle unierte Abendmahlsgemeinschaft zu meiden, ehe er ihnen das Sakrament reichte, indem er mit Recht von der Überzeugung ausgieng, daß der angeblich lutherische Charakter einer Gemeinde im Komplex der Union im günstigsten Fall höchst prekär und ohne alle Bürgschaft für die nächste Zukunft sei, da der Geistliche einer solchen Gemeinde in jedem Augenblick in die Zwangslage kommen könne, einen Reformierten oder principiell Unierten an seinem Altare annehmen zu müssen.

 Von manchen Seiten wurde der in diesem Gutachten gegebene Rat Löhes als eine Ermäßigung seines streng konfessionellen Standpunktes und je nach der inneren Stellung des Beurteilers, als ein Rück- oder Fortschritt zu einer laxeren Abendmahlpraxis, als ein

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 522. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/528&oldid=- (Version vom 1.8.2018)