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ihnen scharf geschieden wußte. Der erwähnte Geistliche hatte seine Tochter der mit dem Diakonissenhause Neuendettelsau verbundenen weiblichen Bildungsanstalt übergeben. Der Wunsch der Tochter, am Abendmahl am Altar des Diakonissenbetsaales teilnehmen zu dürfen, nötigte Löhe vor dem Vater des Mädchens die vorhandene konfessionelle Differenz zur Sprache zu bringen und veranlaßte nachstehenden Brief an denselben:


etc. etc.

 ...Ich bin der Überzeugung, daß bei freiwerdender Kirche zwei verschiedene Strömungen sich zeigen werden, eine große breite und eine kleine schmale. Die große breite würde vielleicht in jene noch größere und breite ausmünden, die sich wie ein Ocean von Amerika nach England, Frankreich, Italien und um die protestantischen Kolonien des mittelländischen Meeres ergießt und auf welcher Leute wie Spurgeon das große Wort führen, das nämlich, daß sich alle protestantischen Parteien beim Sakrament vereinigen und alle verschiedenen Lehren über dasselbige als unwesentliche Privatmeinungen fallen lassen sollen. Die kleine Strömung. der auch ich meinen Kahn vertrauen würde, würde aus Leuten bestehen, welche die Frucht der Reformation festhalten, das Sakrament als kirchentrennend nehmen, nicht eine bloß äußerliche Vereinigung beim Sakrament, sondern die innigste Vereinigung der Geister im Glauben an die Sakramentsworte Jesu suchen und die Kirche als Abendmahlsgemeinschaft im Geiste und in der Wahrheit fassen wollen. Eine Vereinigung zum Sakrament ohne Einklang im Bekenntnis zur lutherischen Lehre vom Sakramente kann ich mir für die Zukunft am allerwenigsten denken. Das sind die Gedanken, die mich erfüllen.

 Wenn Sie mich fragen, wie ich bei solchen Grundsätzen zu der bayerischen Landeskirche stehe, in welcher zwar keine ausgesprochene Union herrscht, aber dennoch unionistische Sakramentsmengerei fast den größten Teil der Gemeinden bedeckt, so kann ich sagen, daß eine Anzahl schlichter und treuer Pfarrer in Gemeinschaft mit mir viele Jahre lang mit allen uns möglichen Mitteln die alte Praxis der Kirche wieder herzustellen suchten; bis man endlich auf einer Generalsynode uns einfach das Gehör verweigerte und unsere öffentlichen Bemühungen damit zu Ende kamen. Aber wir haben deswegen unsere Gesinnungen nicht aufgegeben, sondern vielmehr unsere Gemeinden nach unseren Grundsätzen ohne alle Mengerei geweidet, ohne daß wir deshalb verfolgt wurden. Ich persönlich habe in der Zeit der größten Not ganz in Einigkeit mit meiner Gemeinde

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 524. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/530&oldid=- (Version vom 1.8.2018)