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längst rühmlich bekannten jungen Männer begnügen. Habe ich die Erlanger Verhältnisse nicht durchweg richtig gefaßt, so werde ich mich, kommt mir je ein Fall der Art wieder, nach gewonnener besserer Einsicht richten. In der Hauptsache aber wüßte ich zur Stunde nicht anders zu handeln, als ich gehandelt habe.

 Zwar habe ich durch eine sehr achtbare Mitteilung erfahren, daß sich Professor Thomasius neuerdings entschlossen habe, keinem Reformierten das hl. Abendmahl zu reichen, lutherisch gesinnten linierten aber nur gegen Versprechen der Bekenntnistreue, jedoch ohne von ihnen völlige Absage der unierten Kirche zu verlangen. Allein dieser Entschluß genügt nicht, weil unter diesen Umständen die ganze Fraktion der unierten Lutheraner Preußens in Erlangen zum hl. Abendmahl gehen, in Preußen selbst aber desto gewisser der lutherischen Kirche gegenüber stehen könnte. Hier liegt eine Principienfrage, die mancher bayerische Lutheraner allenfalls nicht würdigt oder übersieht, die aber anderwärts richtig erkannt und gewogen wird. Es werden sich gewiß, so lange es so steht, immer Ausländer finden, welche sich scheuen, in Erlangen sich einer Abendmahlsgemeinschaft anzuschließen, gegen welche sie daheim im strengsten Gegensatz stehen.

 Vielleicht darf ich hoffen, daß mein treu vorgelegtes Verfahren eine günstige und billige Beurteilung findet. Jedenfalls handle ich nach meinem Gewissen. Ist die bayerische Landeskirche lutherisch, so darf und muß ich also, wie ich gethan, handeln; ja, ich und andere müssen zur lutherischen Abendmahlspraxis gehalten sein. Ist sie aber eine aus ungleichartigen Teilen bestehende protestantische Gesamtgemeinde, so muß doch auch der Lutheraner so in ihrer Mitte stehen können, daß er seines Glaubens zu leben vermag. Dürfte er das nicht, während Uniertgesinnte ihren Brauch und ihre Lehre ohne allen Anhalt in der Verfassung, allenthalben ungehindert üben und verteidigen, so müßte jedermann offenbar sein, daß man auch bei uns, wie an andern Orten etwas anderes für lutherisch hält, als Luther und die Seinigen. Und das geschehe uns doch nicht.

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 560. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/566&oldid=- (Version vom 1.8.2018)