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ihre Seele zu göttlichem Frieden. Wie inbrünstig und selig waren ihre Beichten, und wie ward es ihr gegeben, in ihrem Ehegatten den Seelsorger zu erkennen. Alles in ihr gieng sichtlich der Vollkommenheit und Vollendung entgegen. Vor 14 Tagen wurde sie krank. Brust- und Unterleibsentzündung bildeten sich aus. Bald entwickelte sich der furchtbare Typhus. Eine hohe herrliche Gesinnung erfüllte sie. Ihr Angesicht leuchtete in den Fieberphantasien, wie eines Engels Angesicht. Alle ihre Reden giengen auf Göttliches. Sie glaubte schon daheim zu sein in der himmlischen Stadt. Als das furchtbare Uebel die Kräfte verzehrte und die Schwachheit mehrte, fielen ihre Phantasien herunter in den Kreis ihres liebthätigen Lebens, und wenn man anfangs ihre himmlische Gesinnung mit Staunen erkannte, so fand man hernach in den Phantasien ausgedrückt, wie sehr ihr gegeben war, in der zweiten Tafel der Gebote Gottes daheim zu sein. Dazwischen hinein fielen jedoch Neuerungen des Glaubens und der Anbetung. So bekannte sie am Tage vor ihrem Tode ins Fieber hinein den 3. Artikel: „Ich glaube an den h. Geist, eine h. christliche Kirche, die Gemeinde der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung des Fleisches und ein ewiges Leben.“ Auch betete sie eines Abends, da sie meinte, ihre Mutter bete sie zum Schlafe ein: „Ich weiß, an wen ich glaube“ etc. Vorigen Dienstag hatte sie einen harten Kampf, es schien, sie sterbe. Sie wurde getröstet. Ach, wie dankte sie da Gott für die Freuden ihrer Krankheit – wie fand sie sich glücklich im Leiden, – wie sehnte sie sich zu überwinden, wie ihre Mutter überwunden hatte. Aber das Leben flammte noch einmal auf. Alle Zeichen der Genesung traten ein. Man hoffte! Am Morgen des 24. November aber bemerkte man mit Schrecken die Wiederkehr des Fiebers. Ach, welch ein schwerer Tag! Gerne hätte ihr Ehegatte Alles, Alles dahin gegeben, um

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/89&oldid=- (Version vom 1.8.2018)