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Überschätzung der vorhandenen theologischen Differenz einlegen zu müssen, andrerseits wollte er sich mit der Abtretung des Schullehrerseminars an die Missourisynode aus dem Grunde nicht beeilen, weil er bei der Übergabe des Seminars Fort Wayne und der Missionsstation Frankenmut die Erfahrung gemacht hatte, daß er durch Cession seiner Rechte für seine eigenen Stiftungen gleichsam aufhörte zu existieren, und ihm außer dem Recht sie auch noch ferner mit Geld zu unterstützen, kein Einfluß mehr auf dieselben gestattet wurde. Demnach sollte das Seminar zwar in Kirchengemeinschaft, aber zunächst wenigstens nicht unter dem Kirchenregiment der Synode Missouri stehen. Den Lehrern, wie den Schülern der Anstalt war von Löhe eine rein defensive Stellung vorgeschrieben und eine friedliche Haltung zur Pflicht gemacht. Diese Stellung des Seminars in Mitte der fränkischen Kolonien erschien jedoch der Missourisynode unerträglich und wurde von ihr als ein Eingriff in ihr Kirchenregiment, als ein Versuch, ein Schisma anzurichten, bezeichnet. Es wurde der Satz aufgestellt, daß in einem Territorium, in welchem bereits ein rechtgläubiges Kirchenregiment bestehe, kein anderes Regiment neben dasselbe gestellt werden dürfe. So wurden die territorialen Grundsätze deutscher Kirchenrechtslehrer auf die freien amerikanischen Verhältnisse angewendet. Ja der Leiter des Seminars wurde für den Fall, daß er den Unterricht in demselben nicht einstellen wolle, von seinem Ortspastor mit Kirchenzucht bedroht.

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 Auch andere Forderungen und Maßnahmen Löhes, die unter anderen Umständen wohl harmloser betrachtet worden wären, wurden bei der jetzigen Spannung der Gemüter von missourischer Seite mit argwöhnischem Auge angesehen. Löhe war mit den beiden missourischen Delegaten übereingekommen, daß im Interesse des von ihm geleiteten Kolonisationswerkes keine Versetzung der Geistlichen oder sonstige wichtige Veränderungen in den fränkischen Kolonien

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)