Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin II.djvu/166

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

1865 mußte sie die Waffen strecken und erhielt das Leben unter der Bedingung der Annahme des Islam.

Nun brach aber der alte Zwiespalt zwischen den Schwarzmützen und den Weißmützen wieder hervor. Chan-Chodscha, das Haupt der Schwarzmützen und dungenischer Statthalter in den übrigen Städten von Türkestan, forderte, daß Bsruk-Chan sich den Dungenen unterordne. Als er eine abschlägige Antwort erhielt, rückte er mit seinen Truppen aus Jarkand gegen Kaschgar vor. Bsruk-Chan suchte zu unterhandeln, er stellte seinem Gegner vor, daß jetzt nicht die Zeit sei, den alten Familienstreit wieder aufleben zu lassen und versprach eine bedeutende Summe Geld, wenn Chan-Chodscha ihn im ruhigen Besitz von Kaschgar lassen wolle. Dieser verlangte die Uebergabe der Stadt. Es kam zur Schlacht, Chan-Chodscha wurde geschlagen und floh nach Jarkand zurück. Die dungenische Besatzung versprach, diese Stadt gegen Bsruk-Chan bis auf den letzten Mann zu vertheidigen, während Chan-Chodscha nach Kutscha eilte, um Verstärkungen herbeizuziehen. Bald zog nun eine starke Macht aus Kaschgar gegen Jarkand. Einige Hundert fanatischer Dungenen warfen sich ihr entgegen, schlugen sie und nahmen Bsruk-Chan selbst gefangen. Dies geschah im October 1865 und damit endigen die Nachrichten, welche Oberst Heinz über den Stand der Dinge in Chinesisch-Türkestan erfahren konnte.

In Kuldscha entbrannte der Aufstand im August 1864. Zwölf Tage lang dauerte der Straßenkampf und endigte damit, daß die schlecht bewaffneten Dungenen die Flucht ergreifen mußten. Sie retteten sich nach Alt- oder Tatarisch-Kuldscha und auf die Dörfer der Tarantschi, der tatarischen Ackerbauer, die von den Chinesen nach Vernichtung der Kalmüken im Ili-Thal aus Alty-Schähär hierher übersiedelt wurden und allerdings durch Abgaben und Frohndienste allerlei Art schwer gedrückt sind. Der erste Mißerfolg der Dungenen hatte zur Folge, daß die eigentlichen Chinesen sich energisch der Sache der Mandschu anschlossen. Dadurch verstärkt konnte der Dsan-Dsun mit bedeutender Heeresmacht gegen Alt-Kuldscha ausziehen, wo die Dungenen sich stark verschanzt hatten. Aber hier wandte sich das Blatt, der Mandschu-General wurde geschlagen, verlor seine ganze Artillerie und rettete sich mit Noth in die Citadelle von Kuldscha. Die Dungenen nahmen nun die Stadt in Besitz und schlossen die Citadelle eng ein; die Tarantschi traten überdies jetzt offen auf ihre Seite.

Die gleichzeitigen Fortschritte der Dungenen auf der Nord- und der Südseite des Thian-Schan entschieden das Schicksal der Ili-Provinz. Kuldscha, die Hauptstadt derselben, war durch die Besetzung

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Zweiter Band. Dietrich Reimer, Berlin 1867, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_II.djvu/166&oldid=- (Version vom 1.8.2018)