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von Kurkaraussu in der Dsungarei und Aksu in Türkestan vollständig von Peking abgeschnitten; die Verbindung mit der Reichshauptstadt war jetzt nur noch durch Couriere auf großen Umwegen über russisches Gebiet herzustellen. An militärische Verstärkung der entfernten Grenzprovinz war nicht mehr zu denken. So nahmen denn auch die Dungenen ohne Mühe die kleineren Städte des Ili-Gebietes und die Festungen desselben: Turgen, Tschan-Pandsy und Bajandai; in der letzteren fielen beträchtliche Proviantvorräthe in ihre Hände.

Im Laufe des Jahres 1865 fielen verschiedene Zusammenstöße zwischen den Mandschus und den Dungenen im Ili-Lande vor, wobei die ersteren stets den Kürzeren zogen. Die Tschämpän, chinesische Verbrecher, die hierher verbannt sind und in Nothzeiten die Verpflichtung zum Kriegsdienste haben, ein wildes, verwegenes Volk, das sich im Kriege stets gut bewährte, z. B. in den Kämpfen mit Alty-Schähär, liefen den Dungenen gegenüber auseinander. Die Schibä und Solon, daurische Militär-Colonisten, eine Art chinesischer Kosaken, die im vorigen Jahrhundert nach der Eroberung des Landes hierher verpflanzt wurden, vertrugen sich mit den Dungenen und retteten Leben und Besitz durch Annahme – des Islam. Im Herbst 1865 war die Citadelle von Kuldscha noch in den Händen der Mandschu, aber in schwerer Bedrängniß, es fehlte an Salz und Feuerungsmittel; ein Anerbieten der Uebergabe gegen freien Abzug wurde von den Dungenen zurückgewiesen. Nach den letzten Nachrichten des Obersten Heinz ist die tapfere Besatzung ihrem Schicksal erlegen, bei einem Sturm fast ganz zusammengehauen und ein großer Theil der Stadt Kuldscha dabei in Flammen aufgegangen. Was aus dem Dsan-Dsun geworden, ist unbekannt.

Nächst Kuldscha ist die bedeutendste chinesische Grenzstadt in diesen Gegenden das weiter nördlich liegende Tschugutschak, mit dem in neuerer Zeit ein stets wachsender Handelsverkehr aus Westsibirien sich entsponnen hat. Das dungenische Element war hier schwächer vertreten, und die Ruhe wurde während des ganzen Jahres 1864 nicht gestört, obwohl sich Dungenen und Mandschuren mit unverhohlenem Mißtrauen seit dem Beginn des Aufstandes einander beobachteten. Am Anfange des neuen Jahres 1865 machten die Dungenen der Stadt den Mandschu-Beamten den Vorschlag, in die Moschee zu kommen, um hier sich gegenseitig einen Eid zu leisten, daß weder die Mandschu etwas Feindseliges gegen die Dungenen, noch diese gegen jene unternehmen würden. Der Commandant der Festung und ein anderer General (Amban), der aus Kuldscha eingetroffen war, um jenen im Commando abzulösen, gingen auf den Vorschlag ein. Mit den beiden Ambans begaben sich acht Kalmüken-Oberhäupter, die

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Verschiedene: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Zweiter Band. Dietrich Reimer, Berlin 1867, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_II.djvu/167&oldid=- (Version vom 1.8.2018)