Gnade der Beharrlichkeit und Beständigkeit, wie die Schrift sagt: „Der das gute Werk in euch angefangen, der wird es auch vollenden.“ Und: „Welcher auch wird euch festbehalten bis ans Ende, daß ihr unsträflich seid auf den Tag unsers HErrn Jesu Christi (1. Kor. 1, 8.).“ Wir müssen nicht alles tun, sonst wären wir schnell verloren. Wir werden aus Gottes Macht bewahrt zur Seligkeit. Der HErr spricht an anderer Stelle: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen und niemand soll sie aus meiner Hand reißen.“
Niemand kann dich aus der Gnade des guten Hirten reißen, als du, du selbst. Du selbst kannst frech sündigen, du selbst kannst dich aus der Gnade werfen und den Händen des guten Hirten dich entwinden. Du mußt die Sünde wider dein Gewissen meiden. Das kannst du. Aber nicht kannst du meiden, daß du überhaupt sündigst, strauchelst und fällst. Du darfst aber deinem Fleische nicht die Zügel schießen lassen, wie es Sündenknechte tun. Dieselben tun sich keinen Zwang an, streiten und kämpfen nicht gegen die Sünde, schwimmen mit dem Strom des alten Menschen und waten hinein in den Schmutz der Sünde. Tust du das, so verspottest du die Gnade, entwindest dich den Händen deines Heilandes und gehst verloren.
Also, hüte dich vor beharren in der Sünde mit Wissen und Willen. Der alte und der neue Mensch passen nicht zusammen. Mit dem bösen Vorsatz kann der Glaube nicht zusammen wohnen. Darum wirst du bei jeder Beichte gefragt, ob du den guten Vorsatz habest, dich zu bessern. Wenn du im Gegenteil darin beharren wolltest, würde dir die Absolution nichts helfen.
Das ist es also mit der Gnade der Bewahrung. Gott will dich behalten trotz deiner großen Sünde. Er will dich erhalten, wenn du nicht mutwillig sündigest, widerstrebst und in deiner Sünde beharrst. Darum hast du weiter nichts zu tun, als dich zu hüten vor frechem Beharren in der Sünde, dann wird die Gnade dich umfangen. Der HErr wird dich dann behüten, er wird wie ein Vortrab und Nachtrab hinter dir hergehen, dich beschützen von vorne und von hinten, wie Israel beschützt wurde, als es durch die Wüste zog,
Johannes Deinzer: Zwei Predigten vom sel. Missionsinspektor Johannes Deinzer. ohne Verlag, Bryan (Ohio) 1908, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Predigten_vom_sel._Missionsinspektor_Johannes_Deinzer.pdf/26&oldid=- (Version vom 30.6.2016)