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Sebastian Münster.
Geb. 1489, gest. d. 23. Mai 1552.


Ein Zeitgenosse der Reformatoren, als Theolog wie als Mathematiker gleich groß und bedeutend, brach Münster nach der ersteren Richtung als hebräischer Sprachforscher, nach der letzteren als erster deutscher Geograph und Weltbeschreiber sich anregend und fördernd und den noch beschränkten Kreis cosmographischen Wissens erweiternd, eine glänzende Bahn und ist darum unvergessen.

Münster’s Geburtsort war Ingelheim in der Pfalz; seine Abstammung und sein Jugendleben sind mit Dunkel überhüllt. Die academischen Studien scheint Münster in Tübingen begonnen und vollendet zu haben, wo der berühmte Mathematiker Johann Stoffler sein Lehrer war. Er trat in den Franciskanerorden und befleißigte sich mit größtem Eifer des Studiums der hebräischen Sprache. Indem Münster so durch sich selbst und des Sprachstudiums halber aus den Urquellen schöpfte, konnte es nicht fehlen, daß seine Seele für die evangelische Wahrheit vorbereitet und empfänglich wurde, welche in der Zeit seiner Jünglingsjahre die erleuchteten Begründer der Kirchenverbesserung verkündeten; er trat daher aus seinem Orden und neigte sich dem Bekenntniß der süddeutschen und Schweizer-Theologen zu; dann begab er sich nach Heidelberg und errichtete dort einen Lehrstuhl der hebräischen Sprache und Theologie. Nachdem Münster dort eine Zeitlang als öffentlicher Lehrer gewirkt hatte, traf ihn sammt seinem in Heidelberg erworbenen Freund Simon Grynäus im Jahre 1529 ein Ruf nach Basel, dem beide Folge, leisteten, und dort begann nun Münster seine durch eine lange Reihe von Jahren hindurch fortgesetzte nützliche Thätigkeit als Professor, als Sprachforscher, als Theolog, als Mathematiker, Geograph und Cosmograph. Münster, Capnio und Pellican waren die ersten drei öffentlichen Lehrer der hebräischen Sprache in Deutschland; noch gab es keine gedruckte hebräische Bibel – Münster leistete den zahlreichen Juden wie den christlichen Theologen diesen großen und wichtigen Dienst; er gab eine Bibel mit jüdisch-deutschen Lettern und lateinischen Anmerkungen heraus; sie erschien zu Basel in 2 Foliobänden. Eine chaldäische Grammatik und ein lateinisches Wörterbuch der hebräischen und