Reimers in der deutschen Buchhändlerwelt hochgefeierter
Name steht höchst ehrenvoll neben jenen Standesgenossen
deren Bildnisse d. Bl. bereits enthalten: Breitkopf
und Perthes. Sein Geburtsort war Greifswald,
wo sein Vater, der als Schiffer viele Handelsreisen
gemacht hatte, in den letzten zwei Jahren seines
Lebens Brauerei betrieb. Früh vaterlos, trat der Sohn
14 Jahre alt als Lehrling in eine Buchhandlung, und
war daneben eifrig bemüht durch Privatstunden und
durch Lesen belehrender Bücher seine Kenntnisse zu vermehren.
Mit wenigen materiellen Mitteln ausgerüstet,
aber mit gutem Muth und reger Thatkraft wurde von
Reimer im Jahre 1800 zu Berlin die Realschulbuchhandlung,
welche der Schule gehört hatte, übernommen;
ein Institut, das er mit großer Umsicht und
Thätigkeit durch eine im ganzen äußerst ungünstige
Zeit leitete und seit 1817 unter der Firma G. Reimer
zu großem Flor erhob. Ein kernhaft deutscher, von
Vaterlandsliebe durchglühter Sinn, zeichnete Reimer
aus, und ein Kreis wackerer Freunde umgab ihn, die
seine Gesinnungen theilten, die oft mit ihm und bei
ihm versammelt, besprachen, was zur Rettung des
Vaterlandes noth thue; zu diesen Freunden gehörten
Fichte, Schleiermacher, Arndt und Andere, und im
Kreise solcher Patrioten reifte auch in Reimer der Entschluß,
als die Zeit der Erhebung Preußens zur Abwerfung
des französischen Joches herbeikam, selbst die
Waffen zu ergreifen und für die Freiheit des Vaterlandes
zu streiten. Er verließ die zahlreiche Familie
und das Geschäft, in welches er nach dem neuerkämpften
Frieden wohlbehalten und mit neubeseeltem Strebemuth
wieder eintrat. Der Friede, die Seele des Verkehrs
in Wissenschaft und Kunst, rief ein herrliches
Streben hervor, große und hochbegabte Geister waren
in schöner Gemeinsamkeit thätig, und gewannen auch
Deutschlands Literatur eine Wiedergeburt, die nicht
würdiger und anregender sein konnte. Vielfaches Vertrauen
kam ihm so freundlich entgegen, wie das seine
den bedeutenden Autoren entgegenkam, deren Verleger
er wurde, und nur wenige Verlagsbuchhandlungen
Deutschlands bestehen, die sich einer solchen Menge der
aus ihrem Verlage hervorgegangenen Werke geistiger
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/301&oldid=- (Version vom 15.9.2022)