Seite:Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen.pdf/328

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Die Strafe wegen heimlicher Entfernung und das Verbot des Herzogs ferner Dichterisches zu veröffentlichen trieb ihn zur Flucht. Ohne alte Mittel fand er durch Frau von Wolzogen ein Asyl in Bauerbach bei Meiningen, wo er seinen Fiesko und Kabale und Liebe vollendete, auch die vorbereitenden Studien zu Don Carlos machte. Von dieser Zeit an begann er nun seine große Laufbahn zu durchwandeln, wurde gerühmt und gefeiert, blieb aber arm. Von Mannheim, wo er eine Zeit lang als Theaterdichter lebte und die Rheinische Thalia herausgab, ging er auf die Einladung Körners, der mit ihm einen fürs Leben dauernden Freundschaftsbund schloß, erst nach Leipzig, dann nach Dresden und wandte sich jetzt geschichtlichen Studien zu, als deren erste Frucht die Geschichte des Abfalls der Niederlande erschien. Von da begab Schiller sich nach Weimar; Wieland gewann ihn für seinen deutschen Merkur. Goethe, dessen ganzes Wesen nach Schiller’s eigenem Ausspruch, anders angelegt war, blieb ihm Anfangs ferne, förderte aber dennoch Schiller, der sich nach einem festen Halt im Leben sehnte, zumal die Liebe zu seiner nachherigen Gattin, Charlotte von Lengefeld, ihm ein solches Ziel höchst wünschenswerth erscheinen ließ. Hauptsächlich durch Goethes Einfluß erhielt Schiller die Professur der Geschichte in Jena, vom Herzog Georg zu Sachsen-Meiningen den gewünschten Hofrathstitel, worauf Schiller’s eheliche Verbindung erfolgte; so trat er 1789 mit Freuden sein neues Amt an. Später verlieh ihm noch sein Fürst den Adel.

Was Schiller Deutschland und der ganzen gebildeten Welt geworden ist und gegeben hat, läßt sich nicht im engen Rahmen einer flüchtigen biographischen Skizze schildern, auch ist es bekannt genug. Leider hemmte frühzeitig Krankheit ihn an der Fortsetzung seiner Amtspflichten und schöpferischen Thätigkeiten, doch litt er nicht Mangel. Gütig und wohlwollend setzten der Herzog von Holstein-Augustenburg und der Graf Schimmelmann vereint dem Dichter auf drei Jahre eine Rente von 1000 Thalern aus, damit er sorgenfrei und nur den Rücksichten auf seine Gesundheit leben könne. Als lyrischer und dramatischer Dichter erreichte Schiller den Gipfel der höchsten Anerkennung und Bewunderung seiner Zeitgenossen; als Geschichtschreiber zeichnete er sich durch Klarheit und Würde aus; als Philosoph wie als Dichter rang er sich empor in das Reich der Ideale, und zog viele andere dahin liebend nach. „Er besiegte“ nach Goethes ehrendem Wort „den Widerstand der stumpfen Welt und schwang zum höchsten sich empor.“ Zu früh und allgemein beklagt endete Schiller an einem Anfall seines Brustleidens. Sein Wilhelm Tell war sein Schwanengesang. Unvergänglich lebt sein Andenken im Bewußtsein der Nation, er ist vorzugsweise der Sänger der Jugend und der Frauenwelt; erstere erfreut sich an den Bildern idealer Freiheit, letztere an der lieblichen Anmuth und der sittlichen Reinheit von Schiller’s unsterblichen Dichtungen, und so winden sich dem Unvergeßlichen ewige Kronen von Geschlecht zu Geschlecht.