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Johann Joachim Winckelmann.
Geb. d. 9. Dec. 1717, gest. d. 8. Juni 1768.


Winckelmann war ein Archäolog und Kunstforscher von der größten Bedeutsamkeit, der, aus niederem Stande hervorgegangen, die Welt mit seinem Ruhme erfüllte, tausende zu edler Bestrebung anregte, und sich durch seine eigenen Werke ein unvergängliches Denkmal setzte.

Stendal in der Altmark war Winckelmann’s Geburtsort, der Vater dort Schuhmacher und arm; der Rektor der Ortsschule aber unterstützte den fähigen Knaben und brachte ihn soweit, daß derselbe in seinem 16. Jahre das Gymnasium zu Köln an der Spree besuchen konnte, wo er ein Jahr blieb und sich spärlich genug behalf, bis es ihm gelang, 1738 als angehender Theolog die Hochschule Halle zu beziehen, die im jugendlichen Glanze strahlte, wo nun Winckelmann zwei Jahre lang eifrig in verschiedenen Gebieten des Wissens sich Kenntnisse aneignete, mit Vorliebe alte Geschichte und Bücherkunde studirte und die Hoffnung hegte, entweder eine seinem Wissen entsprechende Stellung in Deutschland zu finden, oder die Welt zu sehen und zu durchwandern. Schon von Berlin aus hatte er eine Fußreise nach Hamburg gemacht, blos in der Absicht, Bücher kennen zu lernen und zu kaufen. Von Halle aus wollte er nach Paris, gelangte aber nur bis Gelnhausen und bekleidete dann zwei Hauslehrerstellen nach einander von 1741 bis 1742, deren keine ihm zusagte; auch ein zwischen beide fallender kurzer Aufenthalt in Jena konnte ihn nicht fördern. Endlich erlangte er ein kärgliches Conrektorat zu Seehausen in der Altmark, und so schien das Leben eines Mannes, dem eine große Zukunft blühte, in der Enge einer dumpfen Schulstube sich, unbekannt der Welt, verlieren zu sollen. Aber der Winckelmann innewohnende Geist drängte ihn nach außen, während er sich auf das eifrigste durch lesen und studiren klassischer Werke des Auslandes in alten und neuen Sprachen fortbildete.

Winckelmann wandte sich vertrauungsvoll an den kursächsischen Minister Grafen von Bünau in Dresden, der ihm 1748 eine Stelle an seiner bedeutenden Bibliothek auf dem Gute Nöthenitz verlieh, wodurch Winckelmann nicht nur volle Befriedigung seiner literarischen Neigungen fand, sondern auch Gelegenheit, in den Kunstschätzen der nahen Residenz Genuß und Studium