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Hermann Conring.
Geb. d. 9. Nov. 1606, gest. d. 12. Dez. 1681.


Dieser berühmte Universalgelehrte wurde zu Norden in Ostfriesland geboren, wo sein Vater ein Predigtamt bekleidete. Spät und langsam, durch Siechthum gehemmt, entwickelten sich während des jüngern Conring’s Knabenjahre die Gaben, die später als glänzende von der ganzen Gelehrtenwelt bewundert wurden; dennoch erwachte mit dem Eintritt in das Jünglingsalter ein frischer Geist in ihm, und ein poetisches Jugendproduct, eine Satyre auf die gekrönten Dichter, wurde Anlaß, ihn schon im 14. Jahre auf die Hochschule nach Helmstädt zu senden. Dort widmete er sich mehrfachen Studien, der Philosophie, den alten Sprachen, der Geschichte und Geographie, nicht minder aber auch der Rechtswissenschaft, der Theologie und Medizin. Mit Recht hätte er auf sich die Worte anwenden können, mit denen Goethe’s Faust beginnt, zumal nachdem er vom Jahre 1625 auch in Leyden fünf Jahre lang studirt hatte. Bald bot sich dem hochgelehrten Polyhistor eine Stelle als Arzt in Paris an, allein seine Neigung bestimmte ihn, sich für das Amt eines academischen Lehrers zu entscheiden, und so kehrte er nach Helmstädt zurück, das zwar vor dem Ausbruch des 30jährigen Krieges sich weiten Rufes und hoher Blüthe erfreut hatte, aber im Jahre 1650 war auch dieser Musensitz entvölkert und verödet und schwer heimgesucht von den Kriegsgewittern, die immer wilder durch Deutschland rasten. Mit dem Muthe eines Mannes jedoch, den kein äußeres Begegnen schreckt, wagte Conring seinen Gang anzutreten, wurde 1632 Professor der Physik, zwei Jahre später Licentiat der Medicin und erwarb im Jahre 1636 den ärztlichen und philosophischen Doktorhut; zugleich gewann er die Gunst des Landesherrn, Herzog August’s von Braunschweig-Wolfenbüttel im hohen Grade, und sein Wirken war ein so ausgezeichnetes und von Glück gekröntes, daß sein Ruhm sich schnell und weit verbreitete. Im Jahre 1649 berief ihn eine Gräfin von Ostfriesland und im darauf folgenden Jahre selbst die Königin Christine von Schweden; von beiden fürstlichen Frauen empfing er den Titel ihres Leibarztes. Es hing nur von Conring’s Willen ab, sich am königlichen Hofe zu Stockholm eine glänzende Stellung zu sichern, allein er