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Seltsame Ehescheidung

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Textdaten
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Autor: Johann Peter Hebel
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Titel: Seltsame Ehescheidung
Untertitel:
aus: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes
S. 261-262
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: 1803-1811
Erscheinungsdatum: 1811
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Djvu auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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[261]
Seltsame Ehescheidung.

Ein junger Schweitzer aus Ballstall kam in spanische Dienste, hielt sich gut, und erwarb sich einiges Vermögen. Als es ihm aber zu wohl war, dachte er: Will ich, oder will ich nicht? Endlich wollte er, nahm eine hübsche wohlhabende Spanierin zur Frau, und machte damit seinen guten Tagen ein Ende. Denn in den spanischen Haushaltungen ist die Frau der Herr, ein guter Freund der Mann, und der Mann ist die Magd.

Als nun das arme Blut der Sklaverey und Drangsalirung bald müde war, fieng er an, als wenn er nichts damit meinte, und rühmte ihr das fröhliche Leben in der Schweitz, und die goldenen Berge darinn, er meynte die Schneeberge im Sonnenglast jenseits der Clus, und wie man lustig nach Einsiedeln wallfahrten könne, und schön beten in Sasseln am Grabe des heiligen Bruders Niklas von der Flue, und was für ein großes Vermögen er daheim besize, aber es werde ihm nicht verabfolgt aus dem Land. Da wässerte endlich der Spanierin der Mund nach dem schönen Land und Gut, und es war ihr recht, ihr Vermögen zu Geld zu machen, und mit ihm zu ziehen in seine goldene Heimath. Also zogen sie miteinander über das große Pyrenäische Gebirg bis an den Gränzstein, der das Reich Hispania von Frankreich scheidet; sie mit dem Geld auf einem Esel, er nebenher zu Fuß. Als sie aber vorüber an dem Gränzstein waren, sagte er: Frau, wenns dir recht ist, bis hieher haben wirs spanisch mit einander getrieben, von jezt an treiben wir’s deutsch. Bist du von Madrit [262] bis an den Markstein geritten, und ich bin dir zu Fuß nachgetrabt den langen Berg hinauf, so reit ich jezt von hier weg bis gen Ballstall, Canton Solothurn, und das Fußgehen ist an dir. Als sie darüber sich ungeberdig stellte, und schimpfte und drohte, und nicht von dem Thierlein herunter wollte: „Frau das verstehst du noch nicht, sagte er, und ich nehme dirs nicht übel“, sondern hieb an dem Weg einen tüchtigen Stecken ab, und las ihr damit ein langes Kapitel aus dem Ballstaller Ehe- und Männerrecht vor, und als sie alles wohl verstanden hatte, fragte er sie: Willst du jezt mit welsche Hexe und gut thun, oder willst du wieder hin wo du hergekommen bist? Da sagte sie schluchzend: wo ich hergekommen bin, und das war ihm auch das liebste. Also theilte mit ihr der ehrliche Schweizer das Vermögen, und trennten sich von einander an diesem Gränzstein weiblicher Rechte, wie einmal ein bekanntes Büchlein in der Welt geheißen hat, und jedes zog wieder in seine Heimath. Deinen Landsmann, sagte er, auf dem du hergeritten bist, kannst du auch wieder mitnehmen.

Merke: Im Reich Hispania machens die Weiber zu arg, aber in Ballstall doch auch manchmal die Männer. Ein Mann soll seine Frau nie schlagen, sonst verunehrt er sich selber. Denn ihr seyd Ein Leib.