Sprachbegabte Vögel der Heimath

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Sprachbegabte Vögel der Heimath
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 340
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[340] Sprachbegabte Vögel der Heimath. Wir haben schon wiederholt auf das vortreffliche „Lehrbuch der Stubenvogelpflege, -Abrichtung und -Zucht“ von Dr. Karl Ruß (Magdeburg, Creutzsche Verlagsbuchhandlung) hingewiesen. In den neuesten Lieferungen desselben finden wir einen hochinteressanten Abschnitt über die sprachbegabten Vögel, in dem auch unseren heimischen gefiederten Rednern eine ausführliche Betrachtung gewidmet ist. Dieselben sind nicht so hochbegabt wie die Papageien, bieten aber dem Liebhaber immerhin reichlichen Stoff zu einer erfreulichen Unterhaltung. Die Zahl derselben ist keineswegs gering: der Rabe, die Dohle, die Elster und der Eichelheher lernen in der Regel einige Worte nachplappern. Die Rednerkünste der Staare sind allgemein bekannt; sprachbegabt ist auch der Kanarienvogel, den wir wohl ebenfalls zu den heimischen Vögeln zählen dürfen; seine Sprachfähigkeit ist bis jetzt in sieben verbürgten Fällen nachgewiesen. Endlich soll auch ein Gimpel neulich einige Worte gesprochen haben. Dr. Karl Ruß, der als Herausgeber der Zeitschrift „Die gefiederte Welt“ ein überaus reichhaltiges Beobachtungsmaterial sammeln konnte, führt bei den einzelnen Gattungen höchst interessante und charakteristische Beispiele an. Wir wollen nur eins herausgreifen: die Elster des Herrn L. Hügel. Sie ist diebisch wie alle Elstern, zeichnet sich aber durch ungemein große Anhänglichkeit an die Familie ihres Herrn aus. Sie kennt alle Personen in der Familie aufs genaueste und ruft jede beim Namen. Bleibt jemand aus der Familie einen oder mehrere Tage fort, so äußert sie sich bis zu dessen Rückkehr mißmuthig, und kommt er zurück, so zeigt sie ausdrucksvoll ihre Freude, läuft ihm mit halbgeöffneten Flügeln entgegen, begrüßt ihn mit Freudegeschrei, fliegt ihm auf die Schulter und bleibt dort so lange, bis sie fortgejagt wird. Das Merkwürdigste an ihr ist der Umstand, daß sie alljährlich eine Reise in die Rheinpfalz mitmacht, am Bestimmungsorte angelangt, frei umherfliegt, den Tag über mit wilden Elstern verkehrt und abends zu ihrem Herrn zurückkehrt. –

Außerdem giebt uns der Verfasser kurze, aber sehr zutreffende Anleitungen, wie man die Vögel sprechen lehren soll. Man muß mit dem Unterricht möglichst früh anfangen, die Staare z. B. müssen schon frühzeitig aus dem Nest genommen und von ihrem künftigen Sprachlehrer zunächst geatzt werden, bis sie flügge werden und in das „Schulalter“ gelangen.

Bei manchen heimischen Vögeln, wie z. B. bei der Steindrossel, ist die Sprachbegabung bis jetzt überzeugend noch nicht nachgewiesen worden, und weitere Versuche nach dieser Richtung hin erscheinen wünschenswerth.

So bietet uns die heimische Vogelwelt, wenn sie in der Stube gepflegt wird, den interessantesten Beobachtungsstoff, und in dem verdienstlichen Werke von Dr. Karl Ruß findet namentlich der Anfänger eine reiche Quelle von Belehrung und vielfach auch zweckmäßigste Anregung. *