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Ständeverfassung in Tyrol vom 24. März 1816

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Franz I. (Österreich)
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Titel: Ständeverfassung in Tyrol vom 24. März 1816
Untertitel:
aus: Die Constitutionen der europäischen Staaten seit den letzten 25 Jahren, Band 2, S. 105–110
Herausgeber: Karl Heinrich Ludwig Pölitz
Auflage:
Entstehungsdatum: 1816
Erscheinungsdatum: 1817
Verlag: F. A. Brockhaus
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Erscheinungsort: Leipzig und Altenburg
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[105]
a) Ständeverfassung in Tyrol vom 24. März 1816.

Wir Franz der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Oestreich; König von Jerusalem, Hungarn, Böheim, der Lombardei und Venedig, von Dalmatien, Croatien, Slavonien, Gallizien und Lodomerien; Erzherzog von Oestreich; Herzog von Lothringen, Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain, Ober- und Nieder-Schlesien; Großfürst von Siebenbürgen; Markgraf in Mähren; gefürsteter [106] Graf von Habsburg und Tyrol etc. etc. Zum Beweise Unsrer väterlichen Fürsorge für das Wohl der getreuen Provinz Tyrol, und mit voller Anerkennung der vielfältigen Verdienste und der hochherzigen patriotischen Gesinnungen der biedern Bewohner dieses Landes haben Wir den Beschluß gefaßt, die unter der vorigen Regierung aufgehobene ständische Verfassung auf der Grundlage derjenigen Privilegien und Freiheitsbriefe, welche Unsre in Gott ruhende Vorfahren und Wir selbst dem Lande aus besonderer Gnade verliehen haben, herzustellen, und dabei nur diejenigen Verbesserungen vorzunehmen, welche die veränderten Verhältnisse und das Bedürfniß der Zeit erheischen. In dieser Absicht finden Wir hiermit folgende Bestimmungen festzusetzen:

1. Das Land Tyrol wird durch vier Stände, nämlich: den Prälaten-, den Herren- und Ritter-, den Bürger- und den Bauernstand repräsentirt.

2. Alle jene Stifter und Capitel, in so fern sie noch bestehen oder wieder hergestellt werden, wie auch alle Mitglieder des Herren-, Ritter- und Adelstandes, und die Städte und Gerichte, welche vor der Abtretung des Landes in der Landesmatrikel einverleibt waren, treten wieder in ihre Rechte der Theilnahme an der Landstandschaft ein; auch wollen Wir die Führung der ständischen Matrikel und den Vorschlag zur Aufnahme in selbige dem Landmarschall und den Verordneten des Herren-, Ritter- und Adelsstandes gestatten; jedoch behalten Wir Uns die Aufnahme in die Landesmatrikel selbst in Ansehung aller vier Stände vor.

3. Zugleich erklären Wir die vormaligen Bezirke Trient und Brixen auch in Absicht auf die ständische Verfassung als Landestheile Unsrer getreuen Provinz Tyrol, constituiren in denselben die vier Stände, wie in den übrigen Landestheilen, und befehlen zu dem Ende deren Einverleibung in die tyrolische Landesmatrikel dergestalt, daß dieselben für die Zukunft an den Rechten der Landstandschaft gleichen Antheil wie die übrigen Landestheile und Viertel zu nehmen haben.

4. Die Erblandesämter, insbesondere auch jenes des Erblandmarschalles, haben wieder in ihre Rechte einzutreten. Jedoch, in so fern ein oder der andere Besitzer der [107] lehnbaren Erblandesämter während der Trennung Tyrols gestorben wäre, kann der hierzu berufene Nachfolger erst dann in dasselbe eintreten, wenn von ihm das Belehnungsgesuch bei der gehörigen Behörde eingereicht, die Belehnung ihm ertheilt seyn, und derselbe alles geleistet haben wird, was Gesetze und Herkommen diesfalls bestimmen.

5. Die Ernennung des Landeshauptmanns bleibt für immer Unsrer Wahl vorbehalten, und haben Wir[WS 1] beschlossen, dieses Amt, nach dem Beispiele der schon unter der höchstseligen Kaiserin und Königin Maria Theresia bestandenen Uebung, Unserm jeweiligen Landesgouverneur in Tyrol anzuvertrauen.

6. Den Ständen wollen Wir zwar die Evidenthaltung, Repartirung und Einhebung der von Uns auf Grund und Boden gelegten Steuern, und der damit im Zusammenhange stehenden Leistungen nach den von Uns festgesetzten, und künftig noch festzusetzenden Vorschriften übertragen; doch soll ihnen keineswegs gestattet seyn, ohne Unsre landesherrliche Genehmigung, zu was immer für einen Zweck, Steuern und Abgaben auszuschreiben.

7. Das Recht der Besteuerung selbst wollen Wir aber Uns seinem ganzen Umfange nach vorbehalten wissen; jedoch werden Wir die beschlossene Ausschreibung der Grundsteuer den vier Ständen, in Form eigener Postulate, jährlich bekannt geben.

8. Den Ständen soll das Recht unbenommen bleiben, in ihren gesetzmäßigen Versammlungen Bitten und Vorstellungen im Namen des Landes, entweder unmittelbar an Uns einzusenden, oder dem Landesgubernium zu überreichen, welches solche Eingaben Unsern Hofstellen vorzulegen verpflichtet ist. Deputationen an Unser Hoflager dürfen nur nach vorläufig von Uns erhaltener Genehmigung abgesandt werden.

9. In Beziehung auf die dem Lande Tyrol anklebende Schuld haben Wir zuförderst eine ordentliche Liquidirung derselben anzuordnen befunden, und behalten Uns vor, wenn selbige beendigt seyn wird, zu erklären, auf welche Art, und in welchem Maaße die Stände dieselbe zu übernehmen haben werden.

[108] 10. Haben Wir Unsre Willensmeinung, daß das Land Tyrol zur Vertheidigung der Monarchie verhältnißmäßig beizutragen habe, durch Stellung eines Jägerregiments von vier Bataillons, bereits zu erkennen gegeben, und behalten Uns übrigens vor, Unsere Entschließung in Absicht auf das tyrolische Landesdefensionswesen nachträglich zu eröffnen.

11. Den Ständen gestatten Wir die freie Wahl der Deputirten zu den ständischen Versammlungen, mit Beobachtung der für die Wahlen gegebenen Vorschriften.

12. Auch wollen Wir ihnen das Recht zur Ernennung der ständischen Beamten gegen die Verpflichtung einräumen, daß sie den vorläufig von Uns genehmigten Personal- und Besoldungsstand nicht überschreiten.

13. Alle Beschlüsse des Landtages oder ständischen Ausschußcongresses, wenn sie nicht auf bloße Vorstellungen und Bitten gerichtet sind, müssen Unsrer höchsten Genehmigung vorgelegt werden.

14. Indem Wir Uns vorbehalten, die Stände ganz nach Unserm Ermessen auch in einem offenen Landtage zu versammeln, setzen Wir zugleich fest, daß die ständischen Versammlungen in einem großen Ausschusse, und in einer perennirenden Activität bestehen sollen. Ersterer hat die Stände vorzustellen, und aus 52 Vocalen, nämlich aus 13 Stimmen von jedem Stande zu bestehen. Er kann auch nur durch landesherrliche Convocatorien zusammentreten, und hat auf die in Unserm Namen erfolgende Erklärung des Guberniums, daß der Ausschußcongreß aufgehoben sey, auch gleich wieder auseinander zu gehen.

15. Bei diesem großen Außschußcongresse hat der Landeshauptmann den Vorsitz, und der Landmarschall das Directorium zu führen. Dem Landeshauptmann steht das Recht zu, seine Stimme voraus zu schicken, oder zuletzt abzugeben, und ist ihm unbenommen, selbst die Stimmen zu sammeln. Der Landmarschall hat kein eigenes Votum. Der Landeshauptmann hat die Gegenstände der Berathschlagung zu eröffnen, und der Generalreferent seine hierüber vorbereiteten Ausarbeitungen mit seinem voto informativo vorzutragen, worauf die Abstimmung mit reihenweiser Aufrufung der anwesenden Mitglieder zu erfolgen [109] hat. In Verhinderungsfällen des Landeshauptmanns und des Landmarschalls hat im erstern Falle Unser bei dem Gubernium bestimmte Hofrath, als landesfürstlicher Commissär, die Functionen des Landeshauptmanns, und im letztern Falle der erste Verordnete vom Adelstande jene des Landmarschalls, und dieser in der Art zu besorgen, daß er zugleich seine Stimme als Verordneter demungeachtet beibehalte. Der ständische Secretär ist dazu bestimmt, unter Aufsicht des Landmarschalls das Protocoll zu verfassen, und der Landeshauptmann hat sodann den Beschluß zu proclamiren. Die Aufsatze sind von dem Generalreferenten und den ständischen Secretären zu verfassen, von dem Landeshauptmanne und Landmarschalle zu genehmigen, sonach im Namen der Stände auszufertigen, und von dem Landeshauptmanne sowohl als dem Landmarschalle zu unterzeichnen.

16. Den Ausschußcongreß erklären Wir demnach als die gewöhnliche und ordentliche Repräsentation, welche über alle Gegenstände im Namen des Landes Beschlüsse zu fassen berechtigt ist.

17. Zur currenten Behandlung der den Ständen anvertrauten Geschäfte bewilligen Wir aber die einzige perpetuirliche, aus vier Vocalen, und zwar aus einem Vocalen von jedem Stande, in Innsbruck zu bestehen habende Activität. Dieser Activität hat der Landeshauptmann vorzusitzen; dieselbe wird mit dem erforderlichen Concepts-, Kanzlei-, Registraturs-, Buchhalterei- und Kassa-Personale, dann mit einer erschöpfenden Instruction versehen, und bleibt in ihren Amtshandlungen der Aufsicht der Stände, und der Controle der Staatsverwaltung unterzogen.

18. Die Stände haben in ihrer Correspondenz an Uns und Unsre Hofstellen die Form der Berichte, bei Eingaben an die Landesstelle die Form der Ersuchschreiben, an alle landesfürstlichen Behörden die Form der Noten zu beobachten. In allen Gelegenheiten, wo Wir den Ständen unmittelbare Eröffnungen machen, wird dieses durch Rescripte geschehen. Unsre Hofstellen haben, wie es auch vormals üblich war, mit den Ständen nur durch das Landesgubernium [110] zu correspondiren, welches letztere mit den Ständen die Correspondenz mit Noten zu führen hat.

19. Uebrigens bewilligen Wir den adelichen ständischen Mitgliedern als Merkmal Unsrer besondern Gnade, zu ihrer Auszeichnung dieselbe Uniform sammt dem Matrikelzeichen wieder, welche ihnen bereits vor der Abtretung des Landes zugestanden war.

Da Wir durch die obigen Bestimmungen in ihren Hauptzügen Unsre Willensmeinung über die hergestellte ständische Verfassung von Tyrol zu erkennen gegeben haben; so erklären Wir zugleich, daß Wir den großen Ausschußcongreß, sobald die Wahl der Mitglieder desselben nach den gegebenen Vorschriften beendigt seyn wird, des ehestens zur feierlichen Huldigung, und zur Antretung seiner Functionen zusammen berufen, und demselben das Landhaus und das ständische Archiv, so wie dem Landmarschalle das Matrikelarchiv gehörig einräumen lassen werden.

Gegeben in Unsrer k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien, den vier und zwanzigsten Monatstag März, im eintausend achthundert und sechszehnten, Unsrer Reiche im fünf und zwanzigsten Jahre.

Franz.
Aloys Graf von und zu Ugarte, königlich-böhmischer oberster und erzherzoglich-östreichischer erster Kanzler.
Prokop Graf v. Lazanzky, Hofkanzler.

Auf ausdrücklichen allerhöchsten Befehl:

Karl v. Eiberg.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Wie