Statistische Darstellung des Kreises Moers/XVIII. Sanitätsanstalten

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XVIII. Sanitäts-Anstalten.

Ende 1861 waren im Kreise vorhanden

13 promovirte Aerzte (darunter der Kreisphysikus), wovon zwei auf dem Lande wohnen,
2 Wundärzte erster Klasse auf dem Lande, darunter der Kreiswundarzt,
7 Heilgehülfen, von welchen 6 in den Städten, einer auf dem Lande wohnt,
3 Thierärzte, darunter einer erster und zwei zweiter Klasse, sämmtlich in den Städten wohnhaft,
34 Hebammen, darunter 10 in den Städten und 24 auf dem Lande,
9 Apotheker, nämlich je 2 in Moers, Rheinberg und Xanten, und je einer in Orsoy, Büderich und Sonsbeck. Von den Apothekern sind 4 erster und 5 zweiter Klasse; außerdem sind noch 5 Gehülfen beschäftigt.

Die Vergleichung mit der Aufnahme von 1858 ergibt folgende Veränderungen:

1 promovirter Arzt, welcher sich in Homberg niedergelassen hat, ist hinzugekommen,
1 Thierarzt erster Klasse ist verzogen, 1 Thierarzt zweiter Klasse gestorben,
4 Hebammen sind hinzugekommen, und zwar je eine in Rheinberg, Camp, Emmerich und Repelen.

Vergleicht man die Zahl der Ärzte, Hebammen und Apotheker mit der Bevölkerung, so kam Ende 1861

ein Arzt auf 3926 Einwohner, wobei indeß zu bemerken ist, daß auch auswärtige Ärzte im hiesigen Kreise prakticiren, was umgekehrt weniger der Fall ist,
eine Hebamme auf 1733 und
eine Apotheke auf 6544 Einwohner.

In Preußen kam Ende 1861

ein Arzt auf 3134 Einwohner,
eine Hebamme auf 1612 Einwohner,
ein Apotheker auf 11772 Einwohner.

Da im Durchschnitt der letzten 5 Jahre 2002 Kinder geboren wurden, so fielen auf jede Hebamme durchschnittlich 59 Geburten. Die Zahl der Hebammenbezirke beträgt 22, darunter 3 mit je drei, 6 mit je zwei, 13 mit je einer Hebamme. Die Hebammen werden von den Gemeinden gewählt, erhalten ihre Ausbildung in der Provinziallehranstalt zu Cöln und werden für die Bedienung armer Wöchnerinnen durch ein kleines Gehalt von durchschnittlich 20 Thalern entschädigt.

Außer dem im 16. Abschnitte erwähnten, erst mit dem 23. November 1861 in Wirksamkeit getretenen St. Nicolaus-Hospital zu Rheinberg gibt es im Kreise nur ein öffentliches Krankenhaus, Bethanien zu Moers. Dasselbe ist zum Andenken an die im Jahre 1852 stattgehabte Feier der vor 150 Jahren erfolgten Vereinigung der Grafschaft Moers mit der Krone Preußen gestiftet. Der Gedanke hierzu entstand am Festtage selbst, und die Reihe der Zeichner eröffnete der geheime Commerzienrath Freiherr von Diergardt, ein geborner Moerser, mit der Summe von 5000 Thalern. Auch des Hochseligen Königs Majestät geruhten ein Gnadengeschenk von 1000 Thalern zu bewilligen. Außerdem wurden freiwillige Gaben und zwar hauptsächlich in der Grafschaft Moers gesammelt, welche 3640 Thaler aufbrachten. Bevor die Sammlungen abgeschlossen waren, richtete der Verwaltungsrath eine provisorische Krankenanstalt in dem hierzu gemietheten Hause Tervoort ein, und begann demnächst mit dem Bau des Hauses Bethanien, welches 1859 vollendet und eingeweiht wurde. Die Kosten betrugen

1. des Bauplatzes und Gartens
1350 Thlr.
2. des Baues
11650 "
3. der innern Einrichtung
1390 "
im Ganzen
14390 "
Nach dem Statut vom 3. Oktober 1855 steht die Anstalt unter der Leitung einer Direktion und eines Verwaltungsraths. Zu dem letzteren, welcher die erstere wählt, gehören sämmtliche Pfarrer der Grafschaft und zehn Deputirte der Gemeinden. Durch Allerhöchste Cabinetsordre vom 27. Oktober 1855 wurden| dem Krankenhause Bethanien Corporationsrechte verliehen. – Es wurden daselbst verpflegt
im Jahre 1858 36 Kranke, im Ganzen 3063 Tage lang, mithin jeder, durchschnittlich 85 Tage,
im Jahre 1861 52 " " " 5605 " " " " " 108 "

Schon diese Zahlen beweisen, daß fast nur chronische Kranke oder Sieche in der Anstalt waren.

Der Krankenbestand betrug im Durchschnitt täglich

im Jahre 1858 8,1 Kranke
im Jahre 1861 15,3 Kranke.

Wenn die Frequenz sich hiernach etwas gehoben hat, so ist dieselbe doch im Verhältniß zu der betheiligten Einwohnerzahl von etwa 24000 Seelen noch immer gering zu nennen. Die Ursache liegt theils in der schon oben im neunten Abschnitte hervorgehobenen Geräumigkeit der Wohnungen, welche den Wohlhabenden die Pflege eines Kranken im eigenen Hause sehr erleichtert, theils in der in einem starken Familiensinne wurzelnden, wenn auch vielleicht nicht begründeten Furcht, daß die Pflege in einem Krankenhause die persönliche Sorge der Familienglieder nicht zu ersetzen vermöge; endlich auch in dem Umstande, daß in den letzten Jahren keine gefährlichen Epidemien herrschten.

Da die Einnahmen des Krankenhauses bis jetzt nicht hingereicht haben, die Kosten des Haushaltes und die Zinsen der noch vorhandenen Bauschuld zu decken, so hat der Verwaltungsrath die Eröffnung eines Abonnements für Dienstboten und die Abhaltung jährlicher Haus- und Kirchencollekten in der Grafschaft beschlossen.

Der Verpflegungssatz beträgt für Privatkranke 10 Sgr., für solche Kranke, welche von den Gemeinden verpflegt werden müssen, dagegen nur 6 Sgr.

Die Gemeinden des Kreises sind an der Departemental-Irren-Aufbewahrungsanstalt zu Düsseldorf betheiligt. Die mit den Gemeinden und Kreisen des Bezirks durch die Königliche Regierung gepflogenen Verhandlungen, welche darauf hinzielten, daß jene das zur Erweiterung der Anstalt oder zur Erbauung einer zweiten nöthige Kapital hergeben sollten, sind gescheitert: die projektirte Erweiterung muß daher, soweit es möglich ist, mit den nicht unbedeutenden Ersparnissen der Anstalt selbst ausgeführt werden. Der Pflegesatz beträgt 110 Thlr. Über die Zahl der im Kreise vorhandenen Irren sind keine Ermittelungen veranlaßt worden; nur soviel steht fest, daß die Zahl derjenigen, welche eine beständige Überwachung erfordern, sehr unbedeutend ist.

Die Begräbnißplätze, welche jährlich visitirt werden, befinden sich überall in guter Ordnung. Sie sind, wo Gemeinden verschiedener Confession bestehen, confessionell getrennt.


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