Thüringer Sagenbuch. Erster Band/Die Gipsgrube
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Die Gipsgrube.
Einst ging Herr Heinrich Eißbrückner von Themar auf sein Feld, welches am eingefallenen Berg gelegen war. Unweit der Obermühle, die außer der Stadt liegt, begegnet ihm eine alte Frau, man hieß sie nur die Schlotfegers Willebärb, und er will freundlich grüßend an ihr vorüber gehen; doch sie fragt ihn geheimnißvoll, wohin er wolle? Auf meinen Acker, da oben am eingefallenen Berg, versetzt er gutmüthig. Nun da will ich auch mit, spricht die Alte weiter und trippelt neben ihm her. Als beide dort angekommen waren, deutet sie auf einen Fleck, etwa die Mitte des Ackers, und spricht: hier lasse Er einschlagen Herr Eißbrückner, es steht ein reichlich Gipslager in diesem Berg, und da, auf dieser Stelle, wird es am ehesten erreicht. Sie schritt dann schweigend fort, und war bald hinter etlichen Büschen verschwunden. Nachdenklich ging Herr Eisbrückner heim, erzählte seiner Frau sein wunderliches Begegniß; doch diese brach in ein Gelächter aus, und sagte: o du Alter, was hast du nur gesehen, die Willebärb ist ja schon lange gestorben, weißt’s denn nicht mehr? – Und da fällt es ihm auch ein; aber heimlich drängt es ihn, dem Worte der Alten zu folgen; er läßt sich etliche Bergleute aus Manebach bei Ilmenau kommen [51] und an der bezeichneten Stelle einschlagen. Kaum waren die Arbeiter eine Klafter tief gekommen, so wurde ein vortreffliches Gipslager aufgedeckt, das äußerst ergiebig war und mit reichlichem Gewinn viele Jahre lang fortgebaut ward. Aber als Herr Heinrich Eisbrückner die Augen zugethan, das ist schon an die vierzig Jahre her, ist auch die Gipsgrube wieder zum Erliegen gekommen, und nur noch eine Telle verräth ihr ehemaliges Vorhandengewesensein.