Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Die hohe Warte
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Die hohe Warte.
Ueber dem kleinen rings von Bergen umgebenen Städtchen Teichel stand vor Zeiten ein Bergschloß, Hohe Warte geheißen. Darin hatte sich eine Raubrotte festgesetzt, die nannte das Volk vorzugsweise die Bosen oder die Bösen. Diese Burg beherrschte das ganze Thal, und hatte die Aussicht auf Teichel, Amelstädt, wo vor Zeiten ein Nonnenkloster gestanden, und Teichröden herab, und die Räuber hatten namentlich auch in der Judasmühle einen Schlupfwinkel, indem sie da, wo die Bächlein Rinne und Hornitsch zusammenfließen, aus unterirdischen Gängen hervorbrachen, und den Wanderern vielfaches Weh zufügten, ja es soll von der Hohe Warte bis zur Judasmühle ein solcher unterirdischer Gang geführt haben. Diese Räuber waren so kühn und frech, daß sie der Angst des Volkes spotteten, und wenn sie einen Ueberfall ausführten, so thaten sie es mit dem Feldgeschrei: Holla holla huscha! Das Land ist [236] der Bosen! Da geschah es, daß Kaiser Rudolph nach Erfurt kam, und, wie man von Ilmenau erzählt, einen Zug gegen alle thüringischen Raubburgen thun ließ. Da ward auch, nicht ohne tapfere Gegenwehr, die Hohe Warte gewonnen und zerbrochen. Doch jenes Losungsgeschrei der Räuber, das Holla, holla huscha! klang Jahrhunderte nach im Volksmund jener Gegend, und man hörte es bei allen Gelegenheiten, wo Tanzjubel oder Trunkenheit laut aufjauchzten.