Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Elgersburger Nixe

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Das Ritterschwert Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Die Zwerge der Kammerlöcher
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416.
Elgersburger Nixe.

Zwischen Ilmenau und Elgersburg sieht der Wanderer noch am Wege die Eindämmung eines vormaligen Teiches, in welchem eine alte Nixe wohnte. Drei ihrer Dienerinnen kamen einst zur Herbstzeit nach Elgersburg und besuchten die Gesellschaften der jungen Mädchen; sie halfen spinnen und singen, und wurden bald beliebt, vorzugsweise bei den jungen Burschen. Stets eilten aber die Besucherinnen aus den fröhlichen Kreisen der Jugend hinweg, sobald die eilfte Abendstunde herannahte, was endlich auffiel, und die Verabredung unter Burschen und Mädchen veranlaßte, die Wanduhr eine halbe Stunde zurückzustellen, und als der Schlag der Thurmuhr erfolgen mußte, so lebhaften Lärm zu erheben, daß jene Besucherinnen den Glockenschlag überhören mußten. Jene Nixenjungfrauen wurden stiller und stiller, eine innere Unruhe mahnte sie zu scheiden, aber es wurde ihnen zugeredet, zu bleiben, die Uhr zeige ja noch nicht dreiviertel auf eilf Uhr. Plötzlich schlug es hell vom Thurme ein Viertel auf zwölfe und der Nachtwächter rief draußen sein eintöniges: Es hat eilfe geschlagen! Lobet Gott den Herrn! – Todenbleich wurden die drei Nixenjungfrauen und jammerten: Wehe, was habt ihr gethan! Geht morgen früh zum Weiher, [292] da werdet ihr sehen, wie es uns ergangen! – und in Hast eilten sie von dannen. Als am andern Morgen in aller Frühe die Bursche nach dem Weiher eilten, sahen sie auf dem Weiher drei große rothe Flecke – wie Blut, und dann hob sich aus jedem der rothen Flecke eine weiße Mommel oder Wasserrose – und das geschahe fortan so Jahr um Jahr, bis es dahin gedieh, daß auch dem Dasein der grausamharten alten Nixe, welche jene Jungfrauen ob ihrer Säumniß getödet hatte, ein Ende gemacht wurde, alles Wasser sich verlor, und der Weiher sich trocken legte.