Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Kobold in Waltersdorf

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Geister im Schlosse Berga Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Der wilde Jäger im Rußthale
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218.
Kobold in Waltersdorf.

Auf dem Rittergute Waltersdorf, ohnweit Berga, haußte auch ein Kobold. Dieser trieb sich des Nachts in den Ställen umher, drangsalirte das Gesinde, führte die Pferde in andere Stände, putzte und fütterte sie aber auch, wenn die Knechte faul und lässig waren, zerbrach den Mägden in den Kuhställen die Milchgefäße, und schabernackte sie auf alle Art. Einmal lag eine Magd müssig und lässig auf der Bank; da faßte sie der Kobold bei den Haaren und raufte sie, daß sie nicht anders glaubte, er werde sie von der Bank ziehen. Dann ging er zur Thüre hinaus. Wenn die Mägde den Knechten ihr Herzeleid klagten, das ihnen der Kobold anthat, so erhielten sie gewöhnlich zur Antwort: Warum gebt ihr ihm nichts? Uns thut er nichts. – Ein Knecht, Namens Salzbrenner, diente auf dem Waltersdorfer Hofe, und ging gerne zur Nacht auf unrechten Wegen. Einstmals kehrte er um Mitternacht erst heim und stieg über die Gartenplanke, um in den Hof zu kommen, weil das äußere Thor schon verschlossen war. Da fuhr der Kobold quer über den Hof auf ihn [90] zu, und prallte so hart an den Salzbrenner an, daß dieser fast besinnungslos in den Hof stürzte. Nach 9 Tagen war er tod.