Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Vom Kloster Oldisleben

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Bonifacius-Pfennige Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Vom Kloster Memleben
{{{ANMERKUNG}}}
  Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
[268]
399.
Vom Kloster Oldisleben.

Als die Landgräfin Adelheid von Thüringen, früher Pfalzgräfin von Sachsen mit dem Landgrafen Ludwig Reue fühlte über das von beiden begangene, und er das Kloster Reinhardsbrunn gründete, begründete sie ihrerseits ein Benedictiner-Mönchskloster zu Oldisleben ohnweit der Sachsenburg und weihete dasselbe dem heiligen Vitus, und [269] wurde dann die Gründerin in diesem Kloster begraben. Die Stätte war schon den germanischen Frühbewohnern dieses Gaues hehr und heilig gewesen, ein mäßig hoher nach Osten in das Unstrutthal vorspringender Hügel mit weitem Fernblick über die güldene Aue, unter dem man Hohlgänge fand und heidnische Todtenurnen voll Asche und verbrannter Gebeine. Im Jahre 1136 fiel zu Oldisleben ein Stein von eines Menschenkopfes Größe vom Himmel, den die Brüder Benediktiner gar hehr aufbewahrten. Nach der Zerstörung des Klosters im Bauernkriege hat man häufig gespenstige Mönche in den Gebäuderesten des Klosters wandeln und erscheinen gesehen. Ein Gefangener, der in einer Klosterzelle saß, nachdem das Kloster in ein Sächsisches Amthaus umgewandelt worden war, konnte Geister citiren, und zwar so, daß deren auch welche kamen, was nicht jedem, der solcher Kunst sich rühmte, hat gelingen wollen. Da er nun solchen Citirens sich unterfing, kamen nach einander zwölf Mönchsgeister und gingen an ihm vorüber; der zwölfte hob warnend den Finger und hauchte kaum hörbar: Hüthe Dich vor dem Dreizehnten! Der dürfte Deiner übel warten. – Deß erschrak der Beschwörer mächtiglich und ließ ab von fernerer Citation, und sparte seinen Hals.

Seltsam war es auch mit zwei Grabsteinen im Kreuzgange des Klosters Oldisleben, der eine eines Mönchs, der andere eines Grafen von Beichlingen, welcher sich aus Frömmigkeit hatte im Kloster begraben lassen. Man durfte nicht an beide Steine rühren, wer es dennoch that, und zumal wer etwas abschlug, empfing von unsichtbarer Hand sehr empfindliche Maulschellen verabreicht, sintemalen im Reiche der Spukgeister die Prügelstrafe noch in Geltung [270] stand, und was an den Grabsteinen abgeschlagen war, das ersetzte sich von selbst wieder.