Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band/Wunderzeichen in Weimar

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Die Ilmnixe Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band
von Ludwig Bechstein
Schloß Burfart
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Wunderzeichen in Weimar.

Wie in Eccardsberge und dessen Umgegend hat es auch in Weimar im Jahre 1550 Getreide geregnet, welches, nachdem es gemahlen und verbacken worden, am Geschmacke dem besten Brode gleich kam. Im Jahre 1555 aber wallte das Wasser im Schloßgraben auf, als ob es siede, und färbte sich blutroth. Das Wasser war klar und durchsichtig, wie rother Wein, nicht durch eine greifbare Farbe getrübt. Schon im Bauernkriege, der Sprudelzeit des Jahres 1525, hatte nahe bei Weimar ein Quellbrunnen roth gefärbt gesprudelt, gleich anderen Brunnen mehr im Thüringerlande, und man versah sich nichts Guten von solchen Anzeigen. Nach 1550 begann bald die Zeit der Grumbachischen Händel, die ein lange nachhaltiges Unheil über das sächsische Fürstenhaus Ernestinischen Stammes heraufbeschworen, und einen von Herzen biedern Fürsten mit den Seinigen in tiefes Unglück stürzten.

Noch hängt zu Weimar ein Glöckchen, welches vom Volke das Schwedenglöckchen genannt wird, und noch bis in das erste Viertheil des laufenden Jahrhunderts allnächtlich um 2 Uhr geläutet wurde. Die Sage geht, dieses Glöckchen habe zu zweienmalen in der Nacht von selbst geläutet, oder sei von Engelhand zum Schutze der Stadt geläutet worden. Das erstemal zu des Herzogs Alba Zeit, als dieser sich in Thüringen umtrieb, und mit seinen Spaniern einst Weimar nächtlicher Weile überfallen [277] wollte. Aber des Glöckleins heller Schall weckte die Bürgerschaft auf und diese waffnete sich schnell zur Abwehr. Beim zweitenmale erfolgte das geheimnißvolle Läuten im dreißigjährigen Kriege, die Schweden hatten sich der Stadt genähert und auf den Aeckern hinter der Altenburg, links der Fahrstraße nach dem Webicht zu, Lager geschlagen und Schanzen aufgeworfen, da schlug hell das Glöcklein an, auch soll ein weiß gekleidetes Engellein dem jungen Prinzen Johann Ernst erschienen sein und diesem geboten haben, er solle es seinem Vater ansagen, daß große Gefahr vorhanden. Die Bürger rüsteten sich baß zur Abwehr des kecken Feindes und dieser wagte nun keinen Angriff auf die ohnehin gut befestigte und wohlbemannte Stadt. Und als sehr denkwürdig ist aufgezeichnet worden, daß in dem ganzen unglückseligen Kriege, welcher Deutschland 30, ja 32 Jahre lang verdarb, Weimar niemals Einquartierung bekommen, und niemals eine Plünderung erlitten hat, wohl aber haben die fürstlichen Brüder, Herzog Wilhelm und Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar als Feldherren König Gustav Adolfs von Schweden sich in diesem Kriege höchsten Heldenruhm erworben.