Topographia Alsatiae: Schlettstadt

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Topographia Germaniae
Schlettstadt (heute: Sélestat)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1643/44, S. 47–49.
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[T28]
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Schlettstadt / Selestadium.

Es wollen die Gelährten / daß der bey den Alten berühmbte Ort Elcebus, in dieser Gegend / und etwas underhalb Schlettstadt / wo der Port / oder Ladhoff an dem Wasser der Ell / oder Ill ist / nämlich / an dem Orth / da man die Waaren auß- und in die Schiff ladet / Vor-Zeiten gestanden / und auß dessen Ruin diese Reichs-Stadt / beym besagten Fluß gelegen / entsprungen sey. Und vermeinen Theils / daß in solcher Gegne deß Mercurii Tempel gewesen / darinn Julius Caesar auff seine Weiß geopffert; und der H. Maternus, der Teutschen Apostel / der Heydnischen Teutschen Götzen und Sachen in eine Klufft / und Abgrund / geworffen / davon man noch vor hundert Jahren / auff den Hügeln der Wälden / viel Antiquitaeten und Denckmahl gefunden hab. Und solle zu Elcebo, und bey dem gedachten Wasser Ill / so von dannen biß nach Straßburg Schiffreich ist / Er / der H. Maternus, am Fieber gestorben seyn. In den alten Brieffen wird sie Slecistadt / und Selcestadt / und in der Stadt Sigil Slezestadt genennet. Anno Christi 1216. bey Regierung Käysers Friderici Secundi ist sie mit einer Mauer ümbgeben [48] worden. Muß aber langst zuvor allbereit ein vornehmer Orth gewest seyn / weil Carolus Magnus Anno 775. das Weyhnacht-Fest allhie gehalten haben solle. Es hat Slestadt ein Ovalfigur / und ist etwas rund / hat schöne Ringmauren von gebackenen Steinen / mit Gängen für die Wächter: Item / feine Thürne / und Wassergräben / beym Undern-Thor vier / am andern Orth zween / und der inner Grabe / oder der Dritte / ist trucken. Hat euch einen Wall. Und wer durch das Thor deß Wasser der Ill / zum Rhein kommen wil / der muß / ehe er durch den nächsten Wald hindurch gelangt / und den schnellen Bühel erreicht / über vier und dreissig Brücken gehen. Hat ein schöne Haupt-Kirch / oder das Münster / so von aussen erneuert / darinn ein trefflicher Predigstull / und schöne Altär / und ist der Thurn daran schön und hoch. Es ruhet in der Kirchen B. Rhenanus, so Anno 1547. zu Straßburg gestorben / und hieher in sein Vatterland geführet worden / und ein schöne Grabschrifft da hat. So hat Hildegardis, Hertzogin auß Schwaben / Anno 1044. einen Tempel allhie / nach der Form deß H. Grabs / gebauet / welchen sie bald hernach der Jungfrauen S. Fides, oder S. Treuen / gewidmet / und Mönch darein gesetzt hat. Ist folgends zu einer Probstey Benedictiner Ordens worden. Käyser Rudolphus I. hat solche Probstey zu S. Fiden, den völligen Zoll allhie / gegen Außtauschung der gantzen Gericht der Stadt / Anno 1281. widerfahren lassen. Dann der Probst zu S. Fidis, vor diesem viel Gerechtigkeit allhie / in Bestellung der Aembter und sonsten / gehabt hat; aber gemeldter Käyser Rudolph / hat die Stadt völlig under das Römisch Reich gezogen. Folgends solle zun Zeiten Käysers Alberti, auch dem Probst obgedachter Zoll gemindert worden / und Anfangs auff den halben / hernach auff ein Drittheil derselben kommen seyn. Es seyn auch allhie die Klöster der Prediger / Barfüsser / (darinn zween Land-Graffen in Elsaß Johann / und Simon begraben ligen) der Jungfrauen / Silon genandt / und der Johanniter (welche / wie die zu Straßburg und Cöllen / frey seyn / und nicht / wie andere / nach Malta dienen dörffen / und einen sonderbaren Orden haben) zusehen. Hat auch Jesuiter allhie. Wie dann diese Stadt der Römisch-Catholischen Religion eifferig zugethan ist / und [1] nach der übelgegründten Rechnung under die vier Dörffer deß Reichs gezehlet wird. Es seyn von hinnen / neben gemeldtem Rhenano, auch Jacobus Wimphelingus, Jacobus Spigelius, Johannes Sapidus, und andere berühmbte Leuth mehr gewesen. Es hat auch viel Adeliche Geschlechter allda gehabt / und vielleicht theils noch / als die Münser / die Schnurfensack / die Waffler von Eckerich / die Rappen-Köpff / die Onefro / die von Wickersheim / die von Heimburg / die von Hohenstein / von Rahtsamhausen / von Boltzheim / von Still / von Tanck etc. Und haben die Käyser allhie jederzeit in den Raht / oder Gericht einen Reichs-Schultheissen von Adel gesetzt / so folgends zu einem Lehen vom Reich worden / welches letztlich die von Botzheim / getragen / biß der Adel darümb gesprungen / und Käyser Sigismundus vergönt hat / daß die Stadt selbsten / auß ihrem Mittel / einen Reichs-Schultheissen wählen möchte / weiln damahln Johann von Botzheim den Käyserlichen Stab / der er / als Schultheiß / im Gericht / von deß Käysers wegen / gehalten / auß Bewegung / von sich wider den Boden geworffen / und einer auß den Schöffen / dem Käyser zu Ehren / den Stab wieder auffgehoben / so vermög der Schletstätter Chronick / Anno 1336. solle geschehen seyn. Der Zeit sitzen keine vom Adel mehr im Raht / welcher von 35. Persohnen bestehet / darunder acht Bürgermeister / und 24. Zunfftmeister / von jeder Zunfft zween / seyn. Auß besagten Achtern regieren Jährlich Vier das Bürgermeister-Ampt / alle Viertel Jahr einer: Auch werden zween / so am ältisten der Lini nach / im Magistrat / ein Jahr ümb das ander zu Schultheissen erwählet. In hochwichtigen Sachen werden hundert zu Raht gefordert. Und ist sie / ehe sie an das Reich kommen / under den Hertzogen in Schwaben / und verhero under den Francken gewesen. Und hat man etwan allda auff die 1200. Bürger gezehlet / mehrertheils Reb- und Acker-Leut / und Gärtner. Es wird von den Schletstädtern ein Kriegs-List erzehlet / dardurch sie die auff vier Meil von ihnen gelegene Stadt Herlißheim eingenommen; in deme sie einen Wagen voll Männer / aber in Weibs-Kleidern angethan / voran auff die Brück der Stadt geschickt / als die den Zoll sollten außrichten. Nun hatten sie böß Geldt / welches der Zöllner nicht haben wolte / darüber ein Zanck entstunde / und der Zöllner von ihnen über die Brück ins Wasser geworffen / und Pfort eingenommen wurde; under dessen vierhundert / so verborgen lagen / darzu kamen / so die Stadt einnahmen / da sie dann ihren Feind bekommen / aber den Bürgern kein Leid gethan; wiewol sie mit den Juden / wie es selbiger Zeit gebräuchlich war / ümbgangen seyn / nämlich / sie verjagt / verbrandt / und erschlagen haben. Die / in dem / wider deß Königs Ludovici XI. in Franckreich damahl Delphins / letzten Hauffen / so mit grosser Beuth wieder in Franckreich wolte / erlangtem Sieg / eroberte Fahnen / hangen in obgedachter sehr alten / und in der Ehr deß H. Creutzes / und S. Catharinae geweyheten Pfarr-Kirchen / zu dessen Chor-Schutz / als Patronen, S. Georg / und S. Agnes angenommen worden seyn / und darümb / under andern / auch Herr Wilhelm Böckle von Böcklinsau / Thumb-Probst deß Primat Ertz-Stiffts Magdeburg / Ritter / und vierter Käyser Raht / sein Epitaphium hat. Ihr / der Stadt / Monatlicher Einfacher Reichs-Anschlag ist / 4. zu Roß / und 24. zu Fuß / oder 144. fl. und zu Underhaltung deß Kammer-Gerichts / nach dem erhöchten Anschlag / Jährlich 133. fl. 21. Kreutzer. 3. Heller / den Thaler zu 69. Kr. gerechnet / wie ich gefunden habe.

Das Münster soll die einige Pharr-Kirch allhie seyn; darin vornehme Leuthe begraben ligen; von denen Hertzog lib. 7. cap. 10. zu lesen / der auch die [49] Pröbste zu S. Fidis, oder S. Treuen / allhie / cap. 4. setzet / und von den Klöstern allda (darunder der Prediger / zu seiner Zeit / ein feine Liberey gehabt hat /) schreibet. Obgedachter Hieronymus Gebweiler / in dem Elsassischen Städtlein Gebweiler / gebohren; hat einen Schulmeister in dieser Stadt abgeben: und ist / nach dem Er etliche gelehrte Leuth gezogen / allda / Anno 1507. in hohem Alter gestorben.

Under den denckwürdigen Sachen / so sich allhie zugetragen / ist / daß Anno 1298. ein Weib ein Kind mit 2. Köpffen gebohren. Anno 1352. war allda / wegen deß Schultheissen-Ampts / Auffruhr / so nicht ohn Blutvergiessen abgangen ist. Anno 1493. ward eine obgeweste Verrähterey zeitlich entdeckt. Aber kein grössere Gefährligkeit war jemahls zu Schletstadt / als Anno 1524. wie vielgedachter Hertzog cap. 9. wil / und solche nach der Länge daselbst beschreibet / auch 2. Lateinisch: und 1. Teutsche Schrifft / setzet: die deßwegen von E. Rath allda zu machen verordnet worden: deren die Teutsche also lautet: da man nach Christi / unsers lieben HErrn und Seeligmachers Gebuhrt / gezahlt 1524. Jahr / haben sich / von Eins Erbarn Magistrats / und Rahts / dieser Stadt Schlettstadt / wegen / Casper Westerman / Hans von Kogenheim / und Sebastian Hertzog / zu Straßburg / gegen Hans Jacob Schützen von Troubach / (der mit seiner eigenem / als obs Melchior Ergerßheim / der Zeit allhie Schultheissen / Handschrifft / und Sigel / seyn solte / durch sich selbst fälschlich erdichte Brieff / genandtem Magistrat / und Raht / für Verrähter lügenhafftig außgeschrieben gehabt /) in Gefüngnüß begeben / und / nach seinen mannigfaltigen unwahrhafftigen Außreden / und dagegen geübten Rechtfertigung / Ihne / als Fälschern / und Verrähter / vom Leben zum Todt in vier Theil zu richten / mit gerechter Urtheil erlangt. Deß zu ewiger Gedächtnüß / ist dieser Stein hieher gesetzt.

Es wird kein Mensch in der Harr han Glück /
Mit falscher Sag / Boßheit / und Dück.

Es ist diese Stadt auch etlich mahl belägert worden. davon besagter Hertzog cap. 11. zu lesen.

Als An. 1632. nach vierdthalb oder vier Wochenlicher Belägerung / sie sich an die Schweden den 3. Decembris, Alten Calenders / durch Accord ergeben / ist ihr das Exercitium Religionis Catholicae, sampt allen hergebrachten Freyheiten / als einer Reichs-Stadt / gelassen worden: dargegen sie zwantzig tausend Reichsthaler hat erlegen müssen. Und in solchem Standt ist Sie der Cron Franckreich hernach von den Schweden überlassen worden / und hat noch der Zeit ein Frantzösische Guarnison. Es schreibet Kemnitzius, daß Anno 1634. allhie eine gefährliche Conspiration, so auff den 2. Maii, wider die Schwedischen fürgehen sollen / entdeckt worden sey; davon mir aber sonsten nichts wissend ist. Anno 1636. war allhie ein groß Erdbeben. B. Rhenanus lib. 3. Rer. Germanic. Jacobus Wimphelingus in Praefat. Epit. Rerum German. cap. 52. Jacobus Schopperus in Chorogr. German. cap. 10. fol. 183. Hertzog in der Elsasser Chronick lib. 7. cap. 3. 10. Reusnerus de Urbib. Imperial. Author deß Discurß von den Reichs-Vogteyen / pag. 72. et Relationes.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Im Original nnd